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Kobels Kunstwoche

Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 47 2016

Überraschend bescheiden war die Auktionswoche bei Sotheby's gestartet. Zwar führten viele Marktteilnehmer die schwache Versteigerung Scott Reyburn und Robin Pogrebin in der New York Times zufolge auf das mediokre Angebot zurück. Allerdings konnten auch die drei vorab verkauften Toplose in der Auktion keine weiteren Bieter motivieren. Angesichts möglicherweise steigender Zinsen, möchten vielleicht weniger Investoren jetzt noch mit der vergleichsweise illiquiden Anlageklasse Kunst Kapital binden.

Brutto und Netto nicht unterscheiden kann Henri Neuendorf bei Artnet. Daher glaubt er auch, das Toplos der Phillips-Auktion (ein Düsenjäger von Gerhard Richter) wäre knapp oberhalb des unteren Schätzpreises verkauft worden statt deutlich darunter. Außerdem scheinen ihm die Symbole neben der Losnummer entgangen zu sein, nach denen das Werk mit einer Verkaufsgarantie versehen war. Wer so durch den Markt stolpert, kann leicht alles toll finden.

Brian Boucher, ebenfalls bei Artnet, hingegen kann rechnen und ihm fällt auf, dass Christie's bei seiner abendlichen Zeitgenossen-Auktion mit 239,5 Millionen Dollar nur etwas mehr als die untere Schätzpreissumme eingenommen hat, trotz des beachtlichen Zuschlags von 66,3 Millionen Dollar brutto für einen auf 40 Millionen Dollar netto geschätzten Willem de Kooning.

Robin Pogrebin und Scott Reyburn beschreiben die Veranstaltung für die New York Times als "glanzlos".

Nate Freeman hat bei Artnews ebenfalls Schwierigkeiten mit den Prozenten, jedoch entgeht ihm immerhin nicht, dass Phillips mit einem Gesamtergebnis von 111,2 Millionen Dollar erstmals in der gleichen Liga spielt wie die beiden großen Wettbewerber.

"Der Markt ist müde, aber noch lange nicht komatös, wenn auch der Jahresvergleich eine deutliche Kontraktion aufzeigt", resümiert Nico Schwarz in der NZZ. "Inwieweit derweil ein möglicher Trump-Effekt mitspielte, lässt sich bei der wirren Gemengelage in der Folge der Wahlen nicht sagen."

Annegret Erhard merkt in DIE WELT an: "In jüngster Vergangenheit waren die Erwartungen der Einlieferer (und Auktionshäuser) dementsprechend durchweg hoch. Das hat sich neuerdings gelegt, die Taxen sind bisweilen sehr vernünftig, und wie man an den Zuschlägen in den New Yorker Abendauktionen der vergangenen Woche erkennen konnte, haben sich die Bieter in den meisten Fällen an diese zahmen, aber eigentlich als ausbaufähige Animation gedachten Schätzungen gehalten. So manch enthusiasmiertem Käufer zeitgenössischer Arbeiten jüngerer Künstler dämmert es bei genauer Beobachtung der Messen und Auktionen, dass es hier nicht nur nach oben geht, sondern ein launisches Klima herrscht."

En passant erwähnt Barbara Kutscher in ihrem Auktionsbericht im Handelsblatt vom 18. November die deutschen Provenienzen einiger Lose, unter anderem eines Schlüsselwerks von Laszlo Moholy-Nagy: "Verkäufer war die Langen Foundation bei Neuss, noch über den Sommer lieh sie das Bild für die große Moholy-Nagy-Retrospektive im New Yorker Guggenheim Museum aus." Von dort wird es möglicherweise gar nicht erst nach Deutschland zurückgekehrt sein.

Mit einem Seitenhieb auf das Kulturgutschutzgesetz leitet Christian Herchenröder seine Vorschau auf die deutschen Herbstauktionen in der ZEIT vom 17. November ein: "Aber es gibt in allen Sammelbereichen auch hochkarätige Objekte, die vom Mut mancher deutschen Einlieferer zeugen, sich dem Damoklesschwert der Begutachtung 'nationalen Kulturguts' zu stellen."

Über eine Sternstunde seiner Händlerkarriere, die sichere Neuzuschreibung einer Venus an Giambologna, und seine zehnjährigen Recherchen dazu berichtet der mittlerweile in London ansässige Münchener Alexander Rudigier im Gespräch mit Dorothea Baumer in der Süddeutschen Zeitung.

Mit staatlichem Kunstraub in der DDR beschäftigt sich Susanne Kaufmann im SWR-Forum: "In der Sowjetischen Besatzungszone wurden Kulturgüter des Adels beschlagnahmt. Später nahm die DDR private Sammler ins Visier, denen sie Kulturgüter entzog, um sie gegen Devisen ins Ausland zu verkaufen." Die Sendung lässt sich auf der Seite des Senders nachhören oder direkt hier downloaden.

Aus dem Kaffesatz der aktuellen Schanghaier Kunstmessen vor dem Hintergrund der amerikanischen Präsidentenwahlen liest Alex Forbes bei Artsy Vorteile für Chinas Kampf um die Vorherrschaft in der Welt. Einen soliden Überblick liefert Georgina Adam in der Financial Times.

Die Cofa in Köln wird von Christiane Fricke im Handelsblatt vom 18. November uneindeutig beurteilt: "Was dem Publikum der jüngsten 'Cologne Fine Art' (Cofa) geboten wird, ist eine verrückte Melange aus Antiquitäten und durchgeknallter Gegenwartskunst." Felicitas Rhan fällt zu der Veranstaltung für die FAZ nicht viel mehr als eine Inventarliste ein. Sie bemängelt: "Dabei hätte man auf die Sonderschau 'Style Icons' samt 'Design-Parcours', bestückt mit Möbeln von Mies van der Rohe, gut verzichten können." In Lokalpatriotismus übt sich Thomas Kliemann in der Kölnischen Rundschau. Ich erlaube mir im Artmagazine etwas mehr Distanz.

Die Pariser Kunsthändlerschaft zerlegt sich weiter. Zeitgleich zur neuerdings jährlich abgehaltenen Biennale des Antiquaires will einer ihrer Teilnehmer in der Börse (Palais Brongniart) die Fine Arts Paris mit 35 Ausstellern veranstalten, meldet Gareth Harris im Art Newspaper.

"Disruptiv" werden neue (Online-)Geschäftsmodelle gerne genannt, besonders von denjenigen, die damit Geld verdienen wollen. Für die Irgendwas mit Kunst im Internet-Butzen besteht das Geldverdienen aber in der Regel nach wie vor im Einsammeln von Investorengeldern statt im Verkaufen von Kunst. Melanie Gerlis vom Art Newspaper führt das auf einen Etikettenschwindel zurück, da die Plattformen nicht disruptiv, sondern kompetitiv funktionierten und bestehende Vertriebsformen nicht ersetzten, sondern ergänzten oder auf sie aufbauten.

Anselm Kiefer ist nicht begeistert von einer geplanten Ausstellung seiner Werke in China, die ohne seine Beteiligung von unterschiedlichen, wohl nicht zuletzt renditegetriebenen, Parteien organisiert wird. Für Artnet hat Henri Neuendorf entsprechende Aussagen sowohl des Künstlers, als auch seiner Galerien Gagosian, Ropac und White Cube zusammengestellt. Wer sich von auf unbedingten Profit getrimmten Galeriekonzernen vertreten lässt, sollte sich nicht wundern, wenn das eigene Produkt in den Händen von Leuten landet, die dort einkaufen. Keine gute Figur macht laut Kai Strittmatter in der Süddeutschen Zeitung bei dieser Geschichte die als Kuratorin auftretende Direktorin des Ludwig Museums in Koblenz, Beate Reifenscheid.

Damit die vom finanziellen Kahlschlag betroffenen vielen kleineren Institutionen für zeitgenössische Kunst in Großbritannien ihre Bestände überhaupt erweitern können, empfiehlt Caroline Douglas im Guardian, Ankäufe über private Initiativen wie die Contemporary Art Society zu finanzieren. Die Autorin ist Leiterin dieses Vereins.

Um britische Institutionen scheint es zum Teil mittlerweile so schlecht zu stehen, dass Sammler ihnen nicht einmal etwas stiften wollen, wie Cristian Ruiz im Art Newspaper anhand des Falls der Foto-Sammlung von James und Claire Hyman darlegt.

Dass Künstler in den USA bei Kunstspenden nicht den Marktpreis, sondern nur die ihnen entstandenen Kosten bei der Steuer geltend machen können, beklagt Sheila Regan auf Hyperallergic.

Es gibt sie noch, die echten Mäzene: Wie die WAZ meldet, hat das Sammlerehepaar Walter und Liselotte Griese dem Essener Folkwang-Museum sein gesamtes Vermögen vermacht.

Dass man mit Nachlässen möglicherweise besser fährt als mit den Danaergeschenken lebender Sammler, erfährt gerade das Museum in Halle, berichtet Regina Mönch in der FAZ vom 19. November: "Das Kunstmuseum Moritzburg in Halle verliert die Sammlung Gerlinger. Es soll eine einvernehmliche Trennung sein, aber glauben muss man das nicht. Sicher, Hermann Gerlinger gehört zu den eigenwilligen, leidenschaftlichen, aber eben auch bedeutenden Kunstsammlern, die sich nicht ohne weiteres Kompromisse abringen lassen. Doch zu Kompromissen sei er überhaupt nicht bereit gewesen, heißt es".

Berlin bekommt wieder einen Kultursenator. Nach Informationen des Tagesspiegels soll der Linken-Chef Klaus Lederer den Posten übernehmen. Man darf gespannt sein, ob der Politiker, der sich bisher vor allem im Bereich Sozialpolitik und ÖPNV betätigt hat, der für Berlin so wichtigen Kunstwirtschaft mit mehr Expertise begegnet als sein Quasi-Vorgänger aus der Unterhaltungsindustrie, der nur mit den Kompetenzen eines Staatssekretärs ausgestattet ist.

Wenn Nachkommen von Holocaust-Opfern möchten, dass zum Gedenken an ihre Vorfahren ein Stolperstein vor deren ehemaligem Wohnhaus verlegt wird, müssen sie in Berlin für die Kosten selber aufkommen, berichtet Markus Hesselmann im Tagesspiegel. Die jeweils 120 Euro sollte der neue Kultursenator doch irgendwo auftreiben können.

Dyala Nusseibeh, ehemalige Direktorin der komatösen Art International Istanbul, wird neue Direktorin der Messe Abu Dhabi Art, meldet das Magazin magpie aus den Emiraten.

Si tacuisses, Gerhard Richter! Wenn er zumindest nicht "Neger" gesagt hätte. Dann hätte dpa wahrscheinlich keine Meldung draus gemacht, die jetzt unter anderem bei Art nachzulesen ist.

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung