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Kobels Kunstwoche

Art Cologne 2022; Foto Stefan Kobel
Art Cologne 2022; Foto Stefan Kobel
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 47 2022

Wieder dauerhaft im November positioniert hat sich die Art Cologne, die Georg Imdahl für die FAZ besucht hat: „'Alle sind vorsichtig – alle', betont ein Galerist aus dem Rheinland kategorisch. Bei der Art Cologne des Vorjahres seien viele Kolleginnen und Kollegen, ökonomisch gesehen, schon zufrieden gewesen, wenn sie 'mit einem blauen Auge davongekommen' seien. Diesmal gehe die Vorsicht auch bei einheimischen Galerien teilweise so weit, dass sie gar nicht erst teilnehmen an der 55. Ausgabe der Messe. Diese ist ausgesprochen luftig aufgeplant, bietet viel Fläche für angeblich große Skulpturen, präsentiert sich gediegen mit heller Auslegware und einem farbenfrohen, ja kunterbunten Angebot, als hätten sich zahlreiche Aussteller darauf verständigt, das Publikum mit eher einladender als sperriger, auch mal unbequemer Kunst zu adressieren. Erzeugt wird damit weniger so etwas wie Markthitze als vielmehr ein gewisses Feel-good-Flair. Aber in dem Prinzip 'auf Nummer sicher' in den Kojen bekundet sich wohl, wie die Anbieter die Sammlerlust auf Experimente gerade einschätzen."

Ein höheres Entdeckerpotential als anderswo macht Susanne Schreiber für das Handelsblatt in Köln aus: „Die 55. Ausgabe der Art Cologne bringt zusammen, was Sammlerinnen und Sammler von Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts beglückt. Sie ist mit 190 Galerien größer als 2021 und wartet dazu mit einem neuen Hallenplan auf. Der ermöglicht durch Plazas an den Ecken zugleich große Räume für voluminöse Skulpturen, Blickachsen auf die angrenzenden Branchengrößen und Ruheplätze. Aus Österreich reisen 17 Aussteller an, aus Belgien und Holland 15, aus Frankreich und der Schweiz je acht Galerien. Der Ausländeranteil bei den Galerien liegt bei 37 Prozent. Auch wenn Mega-Galerien wie David Zwirner und Hauser & Wirth wieder fernbleiben, alle deutschen Galerien von Gewicht sind dabei. Aber vor allem ist die Kunst international, jung und nicht zu teuer. Hier lassen sich noch Entdeckungen machen jenseits des genormten, hochpreisigen Mainstream-Angebots der Messen in Basel oder London.“

Ich war für Artmagazine und den Tagesspiegel vom 19. November in Köln.

Statt verkauft zu werden, erhalte die Gagosian Gallery einen Beirat, hat Kelly Crow für das Wall Street Journal erfahren: „Der 77-jährige Gründer der Galerie, Larry Gagosian, sagte am Mittwoch, dass er sich nicht so bald zur Ruhe setzen werde, aber er wolle alles tun, um seinem Unternehmen langfristig eine Chance zu geben - und die Gründung eines Beirats könne dabei helfen. Das 20-köpfige Gremium, das er Anfang dieses Jahres gegründet hat, wird ihn bei strategischen und finanziellen Entscheidungen beraten. Er sagte, er behalte das letzte Wort. Gagosian räumte zum ersten Mal ein, dass der Vorstand Teil seiner umfassenderen Überlegungen über die Galerie ist, obwohl er sich weigerte, die Nachfolge zu benennen. 'Ich arbeite immer noch hart und trete nicht zurück, aber ich möchte, dass meine Galerie auf unbestimmte Zeit weitergeführt wird', sagte er, 'und dieser Beirat gibt der Galerie eine größere Reichweite und eine andere Dimension, professionell.“

Nach der sagenhaften Paul Allen-Versteigerung seien die Folgeveranstaltungen weniger glanzvoll verlaufen, resümiert Ursula Scheer in der FAZ die New Yorker Ergebnisse zusammen: „Von Krise oder Crash kann zwar immer noch keine Rede sein beim Kunsteinkauf der Crème de la Crème, doch ist offensichtlich, dass nun eher vorsichtig agiert wird als von Partylaune getrieben, sowohl bei den Investitionen als auch beim Verkauf. Garantien und unwiderrufliche Gebote vorab sicherten wesentliche Anteile der Lose in den aktuellen Abendveranstaltungen ab. An der Zurückhaltung der Bieter mag auch die Menge des Aufgebotenen ihren Anteil haben. 'Es ist die größte Auktionssaison der Geschichte', sagt etwa Brooke Lampley, die bei Sotheby’s als Chairwoman den weltweiten Verkauf von Kunst verantwortet, dem Onlineportal Artnet. Da sei man froh, wenn nur wenige Lose unverkauft liegen blieben. Nach Auktionsserien in London, Paris und Hongkong, nach Messen in Europa, allen voran der Paris+ par Art Basel, im Nahen Osten und in Amerika, musste sich in New York zeigen, wie viel der Markt noch aufzunehmen gewillt ist – und zu welchen Preisen.“

Zu einem ähnlichen Schluss kommt Barabara Kutscher im Handelsblatt: „Nach Christie‘s Sensationsumsatz von 1,6 Milliarden Dollar für die Paul Allen-Sammlung konnte auch Sotheby’s zufrieden sein. An zwei Abenden spielten in New York 117 Werke von Moderne bis in die Gegenwart 706,1 Millionen Dollar ein. Trotz den Allen-Erfolgs wurde in dieser Woche deutlich, dass sich der überhitzte Kunstmarkt leicht abgekühlt hat. 'Das Überschäumende ist weg', bemerkte Stephen Brooks, CEO von Phillips. Immer noch begeistern hervorragende Qualität und Provenienz. Aber Sammler waren nicht leicht aus der Reserve zu locken. Das teuerste Los dieser Woche wurde Andy Warhols Großformat 'White Disaster [White Car Crash 19 Times]' aus der nicht eben gefälligen Serie 'Death and Disaster' von 1963 konnte zwar zugewiesen werden. Doch das Hochformat blieb beim Zuschlag von 74 Millionen Dollar (mit Aufgeld 85,4 Millionen Dollar) unter den avisierten, unveröffentlichten 80 Millionen Dollar.“

In einer großangelegten Recherche hat der Deutschlandfunk einen vermeintlichen Skandal aufgedeckt, den er in einem ganzen Dossier ausbreitet: Bei den Coronahilfen der Kulturmilliarde des Bundes, von der mit rund 30 Millionen ungefähr 3 (!) Prozent bei Galerien und Kunstmessen gelandet sind, soll es zu Fehl- und Mehrfachförderungen gekommen sein. Christiane Fricke hat die Geschichte für das Handelsblatt zusammengefasst, Ursula Scheer springt in der FAZ auf den DLF-Zug auf: „Nun liegt die akute Phase inzwischen so weit zurück, dass blindes Austeilen nicht mehr zu rechtfertigen ist – gerade weil die Zeiten nicht besser geworden sind. Schon hört man nach einer Phase der Erholung wieder von rückläufigen Umsätzen im Kunsthandel, die Rezession schlägt zu, die Energiekrise obendrein. Um deren Härten zu mildern, sollen wieder Hilfen vom Bund kommen. Klug wäre es, dann bedarfsorientiert zu handeln. Wenn der Großgalerist die Schauräume auf Staatskosten warm hat, während andere frieren, lässt sich das nicht gut verkaufen.“

Zur Einordnung: Im selben Zeitraum zu Beginn der Corona-Pandemie wurden für Milliardenbeträge in einem sogenannten Open House-Verfahren viel zu viele und zum Teil mangelhafte Masken zu Preisen von bis zu fünf Euro pro Stück bestellt, die der Bund in der Nationalen Gesundheistreserve zwischengelagert hat, bis sie das Verfallsdatum erreichen, um sie dann guten Gewissens entsorgen zu können. Die ersten 800 Millionen sind jetzt soweit. Die deutschen Automobilkonzerne haben während der Pandemie Milliarden an Staatshilfen erhalten und gleichzeitig Dividenden an ihre Aktionäre bezahlt. Die Gaspreisbremse wird wohl nicht nur gleichmäßig über alle Privathaushalte vom Millionär bis zum Sozialhilfeempfänger verteilt. Auch Unternehmen sollen davon profotieren, die nicht selbst genutztes Gas sogar gewinnbringend weiterverkaufen dürfen sollen.

Zu den vom Deutschlandfunk erhobenen Vorwürfen findet Daniel Völzke bei Monopol (Paywall) eine passende Replik: „Doch zum Skandal taugen die Recherchen von Deutschlandfunk kaum. Denn die privaten Galerien in Deutschland wurden 2020 zum ersten Mal überhaupt staatlich gefördert. Zum Vergleich: Die Förderung für die Fimindustrie aus dem Bundeshalt beträgt um die 40 Millionen Euro. Jährlich! Jahr für Jahr, ob für den kommerziellsten Til-Schweiger-Quatsch oder für Arthouse, ob in Krisen- oder in Boomzeiten. Die meisten Galerien haben das Geld in der Coronazeit bestens genutzt: mit 'Schaufenster-Ausstellungen', Online-Schauen, digitalen Begleitprojekten. Selten hat man so viele Galerie-Publikationen gesehen, wie in jener Zeit. Viele trugen dankbar das 'Neustart Kultur'-Logo. Als Ende 2020 im zweiten Lockdown alle Museen, Kunsthallen, Kunstvereine und Projekträume schließen mussten, waren Galerien sogar die einzig verbliebenen Orte, an denen man Kunst überhaupt noch live sehen konnte. Das Fördergeld kam deshalb auch bei den Künstlerinnen und Künstlern an, und war schon deshalb gut angelegt.“

Warum der Hamburger Bahnhof in Berlin samt Rieck-Hallen mit 166 Millionen Euro Steuergeldern gerettet werden muss, fragt Hans-Jürgen Hafner bei Artmagazine: „War der HBhf einst gut neoliberal als 'Sammlermuseum' konzipiert worden, bekam sein Selbstbild durch das Flick-Desaster irreparable Risse und ist auch nach außen beschädigt. Die Bauabsicht der CA Immo setzte derweil einen ob der getrennten Bundes- und Länder-Kompetenzen zunehmend verzweifelten Rettungswettbewerb in Gang. Mit drohendem Ende des Mietverhältnisses – und ohnehin seit Jahren dramatisch unterfinanziert (Sammler bringen schließlich ihre Kunst mit) waren auf Museumsseite an langfristige Programmplanung, die verlässliche Einhaltung konservatorischer Standards bei Ausstellung und Lagerung, Zusagen an Sammler und Sponsoren nicht mehr zu denken. Man sah und sieht es dem schwer zu bespielenden Haus leider an.“

Die Strukturen des Kunstmarkts hätten zur Marginalisierung ostdeutscher Künstler beigetragen, behauptet Paul Kaiser in der ZEIT: „Mit seinen kapital- und prestigegestützten Netzwerken, Galerien, Großsammlern, Kunstmessen, Rankings und Repräsentationsritualen bot es den 'Neuzugängen' allenfalls Plätze an den Katzentischen. Die in der DDR lange erhoffte Freiheit musste durch die Ignoranz des westlich dominierten Kunstbetriebs für viele der einstmals circa 6000 im Verband Bildender Künstler lizenzierten Akteure (darunter zirka 1200 Maler, Grafiker und Bildhauer) somit nur als eine Schimäre erscheinen. Erstens blieb den meisten ehemaligen 'DDR-Künstlern' der Zugang zu den Märkten durch das Fehlen von potenten Galerien, regionalen Käufern und dem Wegfall flächendeckender Kunstförderung ohnehin weitgehend versperrt. Und zweitens geriet nun sogar ihre Kunst in den Deutungsgefechten des Bilderstreites zum Gegenstand einer umfassenden Infragestellung des künstlerischen Lebensentwurfs.“

Banksy hat seine Fans zum Ladendiebstahl bei der Modekette Guess aufgerufen, meldet watson: „Der Graffiti-Künstler Banksy hat auf Instagram Ladendiebe aufgerufen, zu einem Shop der Kette amerikanischen Modekette Guess in London zu gehen und sich dort zu bedienen. Der Hintergrund: In einem der Schaufenster ist ein Werk des Künstlers als Hintergrunddekoration verwendet worden – offenbar ohne Genehmigung. Er teilte ein Bild des Schaufensters und schrieb: 'Achtung alle Ladendiebe. Geht zu Guess auf der Regent Street. Sie haben sich selbst mit meiner Kunst ohne Nachfrage geholfen, wie kann es falsch sein, wenn Ihr dasselbe mit ihren Kleidern macht?'“

Gegen Ende einer Pressemitteilung zur nächsten Ausgabe der Art Basel Hong Kong weisen die Schweizer darauf hin, dass die Messe mit Angelle Siyang-Le eine neue Direktorin erhalte. Adeline Ooi werde sich als Director Asia der Art Basel-Strategie in Asien widmen. Ähnliche Formulierungen waren bei der Einstellung von Vincenzo de Bellis zur Unterstützung von Marc Spiegler zu lesen.

Anna Tingley hat Anna Delvey für eine Homestory für Artnews besucht.

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung