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Bei Ingvild Goetz bekommen alle ihr Fett weg. Hans-Jürgen Jacobs und Susanne Schreiber haben mit der Sammlerin für das Handelsblatt vom 30. November ein Interview geführt, dessen zwei Seiten beim Lesen nicht lang werden: "Sie durchschauen den Markt. Wie tickt er? Der Markt ist irrational. Hier trifft sich das Ego vieler männlicher Künstler mit dem Ego der männlichen Sammler. Wenn jetzt ein Bild für 100 Millionen eines Künstlers angeboten wird, dann heißt es oft: Den hat der berühmte Japaner auch gekauft. Die Musik in diesem Geschäft macht eben eine vermögende Klientel, vom amerikanischen Hedgefonds-Manager bis zum asiatischen Milliardär. Alle, die zu viel Geld haben. Würden sie die Dritte Welt sponsern, würde keiner darüber schreiben. Aber allein die Banksy-Aktion wurde in der "Süddeutschen Zeitung" groß auf Seite eins präsentiert. Sind die wahnsinnig? Dass Banksy sein Ding geschreddert hat, ist offenbar wichtiger als die Frage, ob Trump den Iran angreift. Die Medien sind Teil des Spiels. Das wissen alle."
Über das Wesen der Galerie denkt Astrid Mania anlässlich eines Galerierundgangs in Hamburg für die Süddeutsche Zeitung nach: "Tatsächlich sieht kaum eine Galerie wie ein Geschäft aus, in dem Kunst über die Ladentheke geht. Eher wird die Nähe zum bürgerlichen Ambiente eines Sammlers, der industriellen Rustikalität manchen Ateliers oder der Kargheit des kleinen Projektraums gesucht. Die Galerie trägt dazzle camouflage; sie changiert zwischen einem Ort der Produktion und der Rezeption von Kunst. Daraus erklärt sich auch der Widerspruch, dass Galerien vermeintlich unverkäufliche Kunst oder Kunst in vermeintlich unverkäuflichem Format präsentieren. Je weiter sich eine Ausstellung vom Format des Wandabverkaufs entfernt, je (institutions-)kritischer eine Künstlerin mit dem Galerieraum umgeht, umso mehr erscheint die Galerie als Komplizin ihrer Künstlerinnen und der Kunst allgemein. Eine Schau, die ihre Werke unverhohlen als Ware präsentiert, dürfte den meisten Galeriebesuchern Beklommenheit bereiten."
Die Frage, ob das Urheberrecht auf von Künstlicher Intelligenz (KI oder AI) geschaffene Objekte anwendbar sei, erörtern Robert Heine und Julia Schafdecker von der Berliner Kanzlei Raue LLP in der Legal Tribune online. Die Antwort lautet zusammengefasst: Nein.
Die Fachpublikation Netzwoche bemängelt die mangelhafte Handelbarkeit digitaler Kunst und bietet auch gleich eine Lösung: "Das Zuger Blockchain-Start-up Orion Vault will dies ändern und mit einer Technologieplattform Investitionen und Spenden in digitale Kunst ermöglichen, indem sie deren Eigentümerschaft auf Blockchain kodiert. Orion Vault bietet auch einen Marktplatz, um in der neuen digitalen Anlage-Klasse schneller, sicherer und kostengünstiger als bisherige Lösungen zu handeln." Das Geschäftsmodell könnte sich Sergey Skaterschikov ausgedacht haben.
Zum Realitätsabgleich: Die Ergebnisse einer Studie von 43 Blockchain-Projekten stellt Andrew Orlowski in The Register vor. Völlig überraschend und schockierenderweise sei kein einziges davon erfolgreich gewesen.
Ein möglicherweise valideres, gleichwohl fragwürdiges Geschäftsmodell hat sich die ehemalige Galeristin Lisa Cooley ausgedacht, die mit ihrem Service Goodloking Ahnungslosen per Textnachrichten die Geheimnisse der Kunstwelt vermitteln will. Mit täglichen SMS könnten Abonnenten innerhalb kürzester Zeit Kennerschaft erwerben. Das Dreimonatsabo startet bei 80 Dollar.
Nach einem 75 Millionen Dollar-Deal habe sich der Aktienkurs eines auf Kunst umgestiegenen chinesischen Baustoffunternehmens um 47 Prozent erhöht, erklärt Benjamin Sutton bei Artsy. Für diese Summe wolle das Unternehmen ein Gemälde Michelangelos von einem kalifornischen Nachfahren der Medici gekauft haben. Das Eigentum an dem Bild solle in Form von auf 10 Dollar lautenden Aktien unter die Anleger gebracht werden.
Währenddessen hat das als Weltsensation vermarktete 1.000 Jahre alte Gemälde "Wood and Rock" von Su Shi lediglich umgerechnet 64 Millionen Dollar erlöst, meldet Nate Freeman ebenfalls bei Artsy.
Zur Erdung empfiehlt sich ab und an ein Blick in die Altmeister-Kataloge. Nach wie vor gibt es hier Meisterwerke zu Beträgen, die auf dem Zeitgenossen-Markt eher Einstiegsniveau darstellen. Rose-Maria Gropp nimmt die Leser der FAZ mit nach London.
Meisterliches - zumindest in der eigenen Wahrnehmung - bringt auch Wolfgang Beltracchi unter die Leute mit Hilfe eines Gönners, der die Wanderausstellung "Kairos. Der richtige Moment" finanziert. Über die erste Station in Hamburg informiert Thilo Komma-Pollath in der FAZ. Als Eröffnungsredner war sich der einstige Kunstgeschichts-Star Horst Bredekamp nicht zu schade. Von der Rede existiert ein Mitschnitt. Mit dem Bank Austria Forum hat sich sogar eine prominente Wiener Adresse für die Selbstdarstellung des vorbestraften Betrügers hergegeben, wie Almuth Spiegler in der Presse berichtet.
Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste hatte letzte Woche zu einer Konferenz geladen. Christiane Fricke referiert im Handelsblatt vom 30. November : "Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste (DZK), das sich national und international als zentraler Ansprechpartner zu Fragen unrechtmäßiger Entziehungen von Kulturgut in Deutschland im 20. Jahrhundert versteht, habe aber noch immer keine Anlaufstelle, an die sich der Handel wenden könne, moniert Stoll [Auktionshaus Neumeister, München]. Ist es da ein Wunder, dass man den Kunsthändler im Programm der vom DZK veranstalteten Berliner Konferenz vergebens sucht? Mit Recht kritisiert Eizenstat [Initiator Washingtoner Erklärung] die sehr wenigen Restitutionen durch Privatleute und private Stiftungen in Deutschland. Doch mehr als an die Moral appellieren kann Kulturstaatsministerin Monika Grütters nicht. Das deutsche Recht schützt den privaten Eigentümer." Das hielt die Referenten jedoch offenbar nicht davon ab, gerade an private Sammler und Händler eindringliche Appelle zu richten. Swantje Karich und Marcus Woeller holen das Versäumnis der Veranstalter nach und lassen in DIE WELT vom 2. Dezember den im Tagungsprogramm, gelinde gesagt, unterrepräsentierten Kunsthandel ausführlich zu Wort kommen.
Den Raubkunstbericht für den französischen Präsidenten analysiert Marcus Woeller in DIE WELT: "Bénédicte Savoy und Felwine Sarr haben ihren Bericht bewusst als Polemik geschrieben, die aufrütteln soll. Sie treten der vorauseilenden Verlustangst europäischer Institutionen aber auch entgegen. Die zu restituierenden Objekte trügen 'unwiderruflich ein Stück Europa und Afrika in sich'. Wurden sie doch durch koloniale Gewalt ihren Herkunftskulturen entrissen, dann aber in europäischen Sammlungen gepflegt und bewahrt. Sie hätten sich gleichsam 'verschiedene Meinungssysteme einverleibt' und könnten als 'Vermittler der Verwandtschaftsbeziehungen dienen'. Und damit formuliert der Bericht viel mehr als nur die Modalitäten einer ethnologischen Reparation, sondern eine politische Utopie: die 'Kreolisierung der Kulturen'." Erste Reaktionen auf den Bericht haben Joseph Hanimann, Jörg Häntzschel und Thomas Kirchner für die Süddeutsche Zeitung zusammengetragen.
Das Berkshire Museum hat mit seinem umstrittenen Ausverkauf insgesamt 53,25 Millionen Dollar erlöst, meldet Nate Freeman bei Artsy.
Die Eignung von Auktionspreisen zur Ermittlung des Fair Market Value bezweifelt Martin Gammon im Art Newspaper.
Die Schenkung der Sammlung Bürger an die Kunsthalle Bremen nimmt Radek Krolczyk zum Anlass für ein Portrait des Sammlerehepaars in DIE WELT: "Für Christa Bürger und ihren Mann hatten Bilder dieselbe Funktion wie Bücher, Gebrauchsgegenstände, begabt mit der Fähigkeit, Erkenntnis zu vermitteln. In dem Berliner Haus, das sie nach ihrer Emeritierung Ende der 90er-Jahre bezogen, wechseln sich an den Wänden Bücherregale und Bilder ab, erzählt sie. 'Zentral für meinen Mann und mich war die Frage des Brauchens. Wir fragten uns bei den Werken, die wir in den Ateliers und Galerien erwarben, ob sie uns bei dabei helfen können, den Zusammenhang dieser Welt zu begreifen.' Insofern wird Kunst eben auch zu einer Art Gebrauchsgegenstand."