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Drei Phänomene markieren dieses Jahr das Ende der tradierten Weltordnung im Kunstmarkt, resümiert Georgina Adam im Art Newspaper: NFTs, Asien und Banksy.
Die Power 100 von ArtReview spiegele entgegen ihrer Behauptung die wahren Machtverhältnisse jedoch nicht wider, sondern versuche im Gegenteil ihre eignen Vorstellungen von Macht in der Kunstwelt durchzusetzen, urteilt Ben Davis bei Artnet: „Die 'Power 100' schienen immer mehr Schwierigkeiten zu haben, ihre Juroren dazu zu bringen, diejenigen zu bewerten, die sie tatsächlich für mächtig hielten, anstatt Zahlen einzutragen, die sie fördern wollten. So erhält man ein seltsames Wunschbild davon, wie Macht funktioniert.“
Mit seinem neuesten NFT-Drop ist der Künstler Pak möglicherweise an Beeple vorbeigezogen. Die komplexen Bedingungen der Verkaufsaktion erklärt Daniel Cassidy im Art Newspaper: „Von Donnerstag bis Samstag [vorletzter Woche] wurde das Werk in einer offenen Auflage über die NFT-Plattform Nifty Gateway verkauft. Mehr als 28.000 Käufer gaben insgesamt 91,8 Millionen Dollar aus, um 266.445 Einheiten [des Tokens] mass zu erwerben. Laut Nifty Gateway könnte dieser Verkauf der teuerste sein, der jemals für ein Werk eines lebenden Künstlers stattgefunden hat. Das ist eine heikle Behauptung, obwohl es keinen Zweifel daran gibt, dass die Gesamtsumme, die für The Merge ausgegeben wurde, den amtierenden Superlativ von Beeples 'Everydays: The First 5000 Days' leicht übertrifft, das im März bei Christie's für 69,3 Millionen Dollar verkauft wurde.“
Enttäuschend sei mit 3,6 Millionen Dollar hingegen das Ergebnis einer NFT-Auktion im Kontext der Art Basel Miami Beach, schreibt Shanti Escalante De-Mattei bei Artnews: „Die Ergebnisse waren durchschnittlich, verglichen mit früheren NFT-Verkäufen bei Christie's. [...] Verlangsamt sich der NFT-Markt einfach nur und verblüfft das Publikum nicht mehr mit aufsehenerregnden Ergebnissen, oder hat sich das Alte Welt-Image von Christie's, das durch den Einsatz von OpenSea verwässert wurde, als unattraktiv für NFT-Käufer erwiesen? Es könnte eine Vielzahl von Gründen geben, warum die Auktion am Ende nicht allzu beeindruckend war. Die Frage ist nun, ob Christie's ähnliche Initiativen weiterverfolgen wird.“
Das Freiheitsversprechen der NFT-Apologeten sei auch nur ein Trick des Kapitalismus, argumentiert der Philosoph Dominik Erhard in Monopol: „Mangel zu erzeugen, wo es keinen gibt: Darin liegt die revolutionäre Funktion von NFTs. Das Internet war, zumindest in seiner Anfangsphase, eine potenzielle Bedrohung für die westliche Wirtschaftsform, da es kostenlose Informationen im Überfluss zugänglich machte. Es war ein Raum, in dem die Knappheit nicht zu existieren schien, die Märkte zum Funktionieren brauchen. Das Aufkommen von NFTs und der Blockchain-Technologie tragen nun allerdings dazu bei, dass auch im digitalen Raum die (besonders begehrten) Dinge knapper und ihre Besitzer eindeutig zurechenbar werden.“
Wissenschaftliche Bestätigung erfährt dies These durch eine Studie, deren Ergebnisse Jasmine Liu bei Hyperallergic zusammenfasst: „Eine neue Studie, die in Nature Scientific Reports veröffentlicht wurde [PDF-Download], bestätigt den Verdacht der Kritiker, dass der NFT-Markt wahrscheinlich eine ähnliche Dynamik wie der heutige Kunstmarkt aufweist. Zehn Prozent der NFT-Käufer und -Verkäufer führen ebenso viele Transaktionen durch wie die übrigen 90 Prozent, was auf eine hohe Konzentration auf dem NFT-Marktplatz hindeutet. Diese Statistik deutet darauf hin, dass dezentralisierte Marktplätze spezialisierten Plattformen gewichen sind, die in der Nicht-Kryptowirtschaft eine ähnliche Rolle wie Galeristen und Markennamen spielen. Die Studie ergab auch, dass der durchschnittliche Verkaufspreis von drei Vierteln der NFTs nur 15 US-Dollar beträgt; nur 1 % der NFTs wird für mehr als 1.594 US-Dollar verkauft.“
Die gute Konjunktur deutscher Auktionshäuser setzt sich bei Villa Grisebach in Berlin fort, beobachtet Christian Herchenröder im Handelsblatt: „Rund 25 Millionen Euro und eines der besten Ergebnisse in der 35-jährigen Geschichte des Versteigerers: ein stattliches Gesamtergebnis für die Herbstauktionen des Berliner Hauses Grisebach. Den Löwenanteil an diesem Umsatz hatte die Versteigerung von 39 ausgewählten Werken am 2. Dezember, die 13,7 Millionen Euro erlöste. Hier beherrschten deutsche und internationale Privatsammler die Szene.“
Das Dorotheum in Wien meldet ebenfalls hervorragende Zahlen für Klassische Moderne und Zeitgenossen, weiß Nina Schedlmayer im Handelsblatt: Das Dorotheum meldete sogar das „beste Jahr für die Sparte Moderne überhaupt“, denn auch die Auktion im Juni war gut gelaufen. Insgesamt setzte das Haus 2021 bei der Moderne 5,7 Millionen inklusive Zuschlägen um; die Verkaufsquote per Los lag bei überdurchschnittlichen 85 Prozent. Ähnlich hoch war die losbezogene Quote bei den Zeitgenossen: 80 Prozent fanden einen Abnehmer und spielten ein Ergebnis von 8,6 Millionen mit Aufgeld und Steuern ein.“
Der Name Karl Lagerfeld scheint auch kunstmarktfremde Bieter ins Auktionshaus zu ziehen, lässt sich aus dem Nachbericht von Alfons Kaiser in der FAZ schließen: „Die Auktion in Monaco mit 582 Losen erzielte einen Gesamterlös von zwölf Millionen Euro, weit über der Schätzung von zwei bis drei Millionen. Fast 1500 potentielle Bieter aus 58 Ländern hatten sich angemeldet. Die Konkurrenz war groß, die Preise waren es dann auch. Pierre Mothes, Vizepräsident von Sotheby’s Frankreich, sprach nur leicht übertrieben von 'elektrisierender Atmosphäre“ und „explodierenden Geboten'. Am Ende war alles verkauft, und 96 Prozent der Lose lagen über dem oberen Schätzpreis.“
Der Markt für Alte Meister unterhalb der Top-Kategorie schwächle erheblich, ist für Scott Reyburn im Art Newspaper das Fazit der Londoner Auktionen: „Während sich die reichsten Menschen der Welt darum reißen, ein Vielfaches der Schätzpreise für die neuesten Kunstwerke auf den Auktionsplattformen zu zahlen, hat der Markt für weniger angesagte Alte Meister weiterhin zu kämpfen. Bei den ersten Dezember-Abendauktionen für Alte Meister in London seit zwei Jahren erzielten Sotheby's und Christie's zusammen 29,3 Mio. Pfund (mit Gebühren), 19,5 % weniger als bei den entsprechenden Auktionen vor der Pandemie im Jahr 2019 (36,4 Mio. Pfund mit Gebühren).“
In Großbritannien bilde derweil die Kunstberatungsfirma Gurr Johns unter ihrem Chef Ben Clark gerade ein kleines Imperium aus klerineren Auktionshäusern, meldet Ivan Macquisten im Art Newspaper: „Das neu integrierte Unternehmen wird die verbesserte Online-Präsenz und den Kundenstamm nutzen, um das obere Ende des mittleren Marktes anzusprechen, in der Hoffnung, die Lücke zu füllen, die durch die Schließung von Christie's South Kensington im Jahr 2017 entstanden ist. 'Wir bedienen einen wenig geliebten, aber wachsenden Bereich des Marktes für Kunstwerke unter 100.000 Dollar', sagt Clark.“
Einem so speziellen wie weiten Sammelgebiet widmet sich Peter Dittmer in der WELTKUNST: „Napoleonisches zu sammeln erfordert, wenn es nicht ausufern soll, die Beschränkung auf ein Terrain, das sich eingrenzen lässt. Das mögen bestimmte Zeitabschnitte wie das Erste Konsulat oder die Herrschaft der Hundert Tage, der Ägyptenfeldzug oder das russische Abenteuer sein. Aber auch Vivant Denon und das Musée Napoleon, die Frauen um Napoleon oder die französische Huldigungskunst und die Karikaturen als ihr sarkastischer Widerpart haben ihren Reiz. Und nicht zuletzt die Münzen und Medaillen, die ein eigenes, sehr spezielles Gebiet sind. Eine gewisse Charakterstärke und die Entschlossenheit, Versuchungen zu widerstehen, doch noch das eine oder andere dazu zu erwerben, obwohl es nicht unbedingt in die Sammlung passt, sind dabei eigentlich unabdingbar. Bei alledem darf nicht übersehen werden, dass die Memorabilia desto höher bewertet werden, je näher sie Bonaparte räumlich und zeitlich waren.“
Der Bundestag ist ein bescheidener, aber beständiger Sammler, hat Boris Herrmann bei einem Hausbesuch für die Süddeutsche Zeitung vom 11. Dezember erfahren: „Bis zum Beweis des Gegenteils ist der Deutsche Bundestag das einzige Parlament der Welt, das sich auf dem Kunstmarkt als regelmäßiger Sammler betätigt. Seit 1976 gibt es dafür einen eigenen Haushaltstitel. Im aktuellen Bundeshaushalt sind 275 000 Euro zum 'Erwerb zeitgenössischer Kunstwerke' veranschlagt. Je nachdem, ob man die Serien und Repros mitzählt, haben sich so über die Jahrzehnte zwischen 4000 und 5000 Arbeiten angesammelt: Ölgemälde, Aquarelle und Lithografien, Stiche, Skulpturen und Holzschnitte, Radierungen, Fotos und Graphic Novels, Werke von Moritz Götze, Günther Uecker und Bernhard Heisig, von Brigitte Waldach, Anna Franziska Schwarzbach und Andy Warhol, von Georg Baselitz, Neo Rauch und Emil Schumacher, von Sibylle Bergemann, Harald Metzkes und Christo. All das und noch vieles mehr können die Mitglieder des Deutschen Bundestags in der Artothek ausleihen, um damit ihre Arbeitsräume zu schmücken.“
Saudi-Arabien versucht sein bescheidenes Image mit einer Biennale aufzubessern und lässt dafür sogar kritische Kunst zu, wie Werner Bloch im Gespräch mit Marietta Schwarz im Deutschlandfunk erzählt.
Dass er sein Hobby so skrupellos betrieben hat, wie man es seinem Berufsstand gerne nachsagt, kommt Michael Steinhardt jetzt teuer zu stehen, berichtet Ursula Scheer in der FAZ: „Tatsächlich gehört der 1940 geborene Amerikaner als Gründer von Steinhardt Partners zu den Pionieren der hochspekulativen Geldanlage und galt als einer der größten Dealer der Wallstreet. Als Sammler antiker Kunstwerke, für die der Milliardär ein Vermögen ausgab, hat er nun allerdings ausgespielt: 180 Werke im Wert von 70 Millionen Dollar muss er zurückgeben und sich für den Rest seines Lebens aus dem Antiquitätenmarkt [gemeint ist der Markt für Antiken] zurückziehen, damit ihn im Gegenzug die New Yorker Staatsanwaltschaft nicht anklagt.“