Optionale Cookies erlauben?
Neben technisch notwendigen Cookies möchten wir Analyse-Cookies nutzen, um unsere Zielgruppe besser zu verstehen. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung. Sie können Ihre Zustimmung jederzeit widerrufen.
Doppelt so viele Privatflüge nach und von Miami wie in anderen Wochen gibt es auch in diesem Jahr wieder zur Art Basel Miami Beach, hat der Wiener Kollege Michael Huber beim dortigen Flughafen in Erfahrung gebracht. Ein Stimmungsbild der ABMB und ihres Umfelds zeichnet Susanna Petrin in der NZZ: "Drückt die Weltlage also doch nicht, wie von vielen befürchtet, auf die Kauflaune? Ein wenig spürbar sei sie schon, sagt Peter Blum, der einst als Assistent von Ernst Beyeler in Basel seine Kunstkarriere begonnen hat. Mit seiner Galerie ist er seit der ersten Miami-Ausgabe von 2002 ununterbrochen dabei. Wahrscheinlich würden die meisten Galeristen das nicht offen zugeben, aber man müsse härter arbeiten als auch schon, es käme zu weniger Schnellkäufen, was wohl auch mit einer allgemeinen Verunsicherung zu tun habe." Auch die Kunst in Miami Beach hat sich Nicole Scheyerer für die FAZ (Paywall oder gratis gegen Datenspende bei Microsoft) angesehen: "Auch wenn sich zeitkritische Fragen zu Ökologie, Rassismus oder Kolonialismus durch die Messe ziehen, dominiert doch farbstarke Flachware. Malerei ist Trumpf, immaterielle Medien wie Video oder die noch vor zwei Jahren hochgejubelten NFTs fehlen. Dass Black Art oder Kunst von Frauen weniger offensiv präsentiert wird, kann als überfällige Normalisierung gelesen werden. Oder ist der Trend zur Diversität schon rückläufig? Wer in Krisenzeiten politisch offensive Statements erwartet, wird im zahmen Messeangebot kaum fündig. Bei der zweitägigen Preview herrschte großer Andrang und saß der Dollar locker." Aus den Verkaufsmeldungen der großen Galerien hat Karen K. Ho für Artnews eine bebilderte Liste zusammengestellt.
Miami war der physische Hotspot des NFT-Hypes. Zwei Jahre später erkundet Shanti Escalante-De Mattei für Artnews den Ist-Stand : "Künstler und Institutionen, die während des Höhepunkts im Jahr 2021 an NFTs beteiligt waren, beginnen sich ebenfalls umzuorientieren. Sie sagen, dass es jetzt nicht darum geht, den Markt mit NFT-Kollektionen zu überschwemmen, sondern Werke anzubieten, die überlegter sind und oft eine physische Komponente haben."
Das Fehlen des einen sonst üblicherweise von Miami Beach aus viral gehenden Kunstwerks beklagt Shanti Escalante-De Mattei bei Artnews: "Während andere Kunstwerke auf der Grenze balancierten, wagte keines den Schritt, die gesamte Aufmerksamkeit Miamis auf sich zu ziehen. Dieses Zwischending passte zum Charakter der diesjährigen Messe, die alles in allem ein wenig träge wirkte. Bevor ich ins sonnige Florida abreiste, sagten mir viele Leute in New York, dass sie dieses Jahr nicht kommen würden. Sie waren einfach 'schon so oft da gewesen'. Als ich einen befreundeten Galeristen auf der Messe darauf ansprach, wurde ich eines Besseren belehrt: 'Sie haben im Moment einfach nicht das Geld', sagte der Galerist. In diesen finanziell wenig beeindruckenden Zeiten, in diesem Jahr mit einem gedämpften Markt, ist Miamis Charme gedämpft. Es ist ein Ort, der durch den Exzess lebendig wird, und der Mangel an Spektakel in diesem Jahr treibt mir zugegebenermaßen Tränen in die Augen. Vielleicht kommen nächstes Jahr die 120.000-Dollar-Bananen zurück."
In ihrem ersten Text für Artnet widmet sich Shanti Escalante-De Mattei den Blumen von Miami: "Auf den Messen der Miami Art Week gab es eine Fülle von Werken mit Blumen: große, kleine, farbige und Graustufen. An jedem zweiten Stand auf der Basel, der NADA und der Untitled Art Fair gab es ein Gemälde oder eine Skulptur mit einer Blume - sei es eine große Kusama-Skulptur eines gepunkteten Gänseblümchens am Stand von Victoria Miro auf der Art Basel oder die dekorativen Stillleben auf anderen Messen (wie ein Kunstberater sagte: 'Viel Wohnzimmerkunst!'). Diese floralen Werke, da scheinen sich die meisten einig zu sein, passen zu den ohnehin schon üppigen Landschaften und der lebendigen Sensibilität Miamis. Aber es gibt jetzt mehr Blumen als in den vergangenen Jahren, und das könnte ein Zeichen für einen sich abmühenden Markt sein, auch wenn sich die Galeristen nur ungern dazu äußern, sondern lieber ihre eigene Anziehungskraft auf die spezifischen Werkgruppen hervorheben, die sie nach Miami gebracht haben."
Einigermaßen alberne Glitzer-News zur Kunstsause in Florida gibt es bei Nau.ch (Shakira), Glamour (Louis Vuitton / Frank Gehry) oder BILD (Niclas Castello), während sich die Online-Abteilung des SRF sich fragt, wieviel Schweiz überhaupt noch in der Art Basel Miami Beach stecke.
Die Design Miami scheine auf dem Weg von der der Glitzerbude in Richtung Seriosität, folgt man der Beobachtung von William van Meter bei Artnet: "Das diesjährige Thema lautet "Where We Stand" und wird in den Pressematerialien als 'eine Feier des Designs, inspiriert von Ort, Gemeinschaft und Erbe - und der Schönheit und Kraft, die aus unseren intimsten, verwurzelten Verbindungen gezogen werden kann' beschrieben. Themen auf Messen scheinen oft überflüssig zu sein - die Galerien und Designer stellen sowieso aus, was sie ausstellen wollen. Aber es scheint, als hätten fast alle das Memo der neuen kuratorischen Leiterin der Design Miami, Anna Carnick, erhalten und es ernst genommen."
Auf der ABMB war ich für das Handelsblatt und Monopol, für Artmagazine habe ich auch Satellitenmessen besucht.
Jüngere Sammler seien auch in Bezug auf Wohltätigkeit anders aufgestellt als die alternde Generation der Boomer, hat Anny Shaw für das Art Newspaper herausgefunden. Die großen Auktionshöuser, wie auch Galerien und die CharityIndustrie hätten sich darauf eingestellt und entwickelten passende Modelle: "Neue Finanzierungsmodelle, die sowohl soziale Zwecke als auch das Ökosystem der Kunst unterstützen, könnten einen dringend benötigten Rahmen für langfristige Nachhaltigkeit schaffen. In Verbindung mit dem großen Vermögenstransfer - schätzungsweise 100 Billionen Dollar [kein Übertragungsfehler!] werden von der Generation der Babyboomer auf ihre eher linksgerichteten Erben übertragen, von denen allgemein angenommen wird, dass sie Umverteilungsgerechtigkeit gegenüber der Schaffung von Wohlstand bevorzugen - könnte der Durchsickereffekt auf den Kunstmarkt beträchtlich sein."
In der Schweiz scheint der Kunstmarkt noch intakt zu sein, folgt man Susanne Schreiber im Handelsblatt: "Reihenweise verschmähte Werke der Klassischen Moderne im höherpreisigen Bereich wie jüngst in Deutschland bei Van Ham, Lempertz und Grisebach waren hier nicht zu beobachten. Selektiv zeigten sich Bieterinnen und Bieter bei Koller vor allem bei der zeitgenössischen Kunst – vor allem im weniger prestigeträchtigen Preisbereich bis zu 30.000 Schweizer Franken, nicht aber bei dem viel wertvolleren Angebot an Schweizer Kunst und Impressionisten."
Die hochkarätigste deutsche Auktion des Jahres hat Susanne Schreiber bei Ketterer für das Handelsblatt mitverfolgt: "Es lag mehr Unsicherheit in der Luft als zwölf Monate zuvor. Um das beste Auktionsangebot dieser Saison unter deutschen Versteigerern rangen aus vielen Ländern zugeschaltete Kunstfreundinnen und Sammler am Freitagabend in München bei Ketterer Kunst überlegter und länger als sonst. Es gab außergewöhnlich viele sechsstellige Zuschläge, sowohl über dem Mindestpreis als auch darunter. Doch nicht alle 78 Lose wurden mit Geboten bedacht, mindestens 16 stießen auf kein Interesse. Gleichwohl, die rarsten und besten Werke mit Wallpower, Aura und Seltenheitswert erzielten Spitzenpreise. Weit über der Schätzung konnte der bedacht agierende Auktionator Robert Ketterer die farbkräftige Ansicht von Murnau von Wassily Kandinsky versteigern. 3,9 Millionen Euro mit Aufgeld ist ein Bieter bereit für das kunsthistorisch bedeutende, kleine Bild von 1909 zu zahlen. Erwartet waren 1, 5 bis 2,5 Millionen Euro."
Weniger glimpflich lief die Auktion bei Lempertz, die Chriatian Herchenröder für das Handelsblatt protokolliert: "Es lässt sich nichts schönreden. Die Abendauktion moderner und zeitgenössischer Kunst bei Lempertz litt, wie andere einschlägige Versteigerungen dieser Wochen, an Konsumschwäche. Mehr als die Hälfte der Lose blieben ungewünscht, obwohl die Gesamtqualität der Einlieferungen keineswegs medioker war. Trotz dieser Einschränkung wurden 7,5 Millionen Euro umgesetzt, was vor allem einem heiß umkämpften Star-Los zu verdanken war: Max Pechsteins 1909 entstandenem 'Selbstbildnis liegend'. [...] Nach einer Einigung mit den Erben des Ersterwerbers konnten neu aufgeworfene Provenienzfragen restlos geklärt werden. Käufer des musealen Bildes ist ein deutscher Sammler, der das Bild dem Wiesbadener Museum zur Verfügung stellen will. 'Der Pechstein hat uns regelrecht gerettet', kommentiert Auktionator und Geschäftsführer Henrik Hanstein die Abendauktion. Den Gesamtumsatz der drei Versteigerungen mit moderner und zeitgenössischer Kunst beziffert Hanstein mit 13 Millionen Euro."
Mit allerlei mehr oder weniger launigen Argumenten kommentiert Annegret Erhard in der WeLT den qua Kulturgutschutzgesetz herbeigeführten Verbleib des gerade bei Grisebach für 1,45 Millionen Euro versteigerten Skizzenbuchs von Caspar David Friedrich : "Freilich stellt sich zu guter Letzt die unfeine Frage, ob derart restriktive Pflege des Kulturguts nicht auch dazu beiträgt, die Fantasie zugunsten weniger öffentlicher Handelswege zu beflügeln." Freilich stellt sich zu guter Letzt die aus dieser Denke ergebende Frage, ob man wirklich Gesetze nicht erlassen sollte, weil sie ja umgangen werden könnten.
Den durchaus rigideren Zugriff des französischen Staates erklärt Bettina Wohlfarth in der FAZ vom 9. Dezember: "Keine Seltenheit sind solche staatlichen Eingriffe in den Auktionsmarkt im Namen des Kulturgutschutzes in Frankreich. Dort unterscheidet das zugrunde liegende, 2008 verschärfte Gesetz zwischen 'bien culturel“ (Kulturgut) – und besonders schützenswertem 'trésor national' (Nationalschatz). Bei relevanten Werken muss von einem bestimmten Marktwert an – 300.000 Euro für Kunstwerke, 100.000 Euro für Mobiliar – eine Ausfuhrgenehmigung beantragt werden. Eine solche Exporterlaubnis kann allerdings auch nach einem Verkauf wieder entzogen werden. Dann dürfen Museen und staatliche Kulturinstitutionen ihr Vorkaufsrecht geltend machen. Bei hochpreisigen Spitzenwerken kann sich die Entscheidung über einen Ankauf und die Klärung von Finanzierungsfragen über Jahre hinziehen."
Trau, schau, wem! Einem Fall von Bauernfängerei mittels vermeintlicher Nobelhaushaltsauflösung spürt Olga Kronsteiner im Standard nach: "Wie das System funktioniert, war dieser Tage in Linz in Erfahrung zu bringen, wo Peter Lindenfeld mit seiner Ware in einer 'exklusive(n) Villa (...) Dießenleitenweg 39' sein Verkaufslager aufschlug. Er habe vor einiger Zeit eine Anfrage zu einer hochwertigen Immobilie erhalten, und innert vier Tagen sei hier alles in die leerstehende Villa eingeräumt worden, schildert Makler Diether Raffelsberger (Mangoni Immobilien) beeindruckt. Wie viel die Eigentümer für diese Form der Zwischennutzung bekommen, wisse er nicht. Lindenfeld will es nicht sagen. Auch in Linz wird mit einer 'Totalauflösung' geworben, bis auf das Datum und Adresse mit gleichlautendem Angebot. Aus wettbewerbsrechtlicher Sicht sei 'diese Aufmachung eine klassische Irreführung', wie ein Rechtsanwalt dem STANDARD bestätigt. Denn der unvoreingenommene Durchschnittsbetrachter erwarte besondere Konditionen in der Art eines nur kurzfristig gültigen Preisvorteils."
Einen echten Kunstmarkt-Krimi deckt Kenny Schachter bei Artnet auf: "Im Mittelpunkt des Skandals steht das Dynamic Art Museum/DART (ein Name, der Anlass zur Sorge geben könnte!), das 2020 von einem gewissen Pier Giulio Lanza gegründet wurde. Es handelt sich um ein 'Museum' mit Sitz in Mailand und Ausläufern in ein halbes Dutzend Länder, das sich damit rühmt, das erste Museum zu sein, das NFTs ausstellt (was nicht stimmt), und dass es 'immer neue Kunstwerke zeigt' und auf eine ständige Sammlung verzichtet. Anscheinend besitzt es auch Kunstwerke im Wert von mehreren zehn Millionen Dollar, die als Sicherheiten bei der neu gegründeten Art Lending, Inc. hinterlegt wurden, einem 2019 gegründeten Ableger der Boutique für alternative Anlagen, Shinnecock Partners."