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Kobels Kunstwoche

ABMB 2024; Foto privat
ABMB 2024; Foto privat
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 50 2024

Aussteller und Besucher der Art Basel Miami Beach erlebten eine bessere Stimmung als zuletzt auf dem Kunstmarkt, blieben im privaten Gespräch aber verhalten optimistisch. Da die Art Basel mit Einladungen für internationale Fachjournalisten schon seit einiger Zeit geizt, weil sie sich mehr auf regionale Berichterstattung fokussieren wolle und wegen des ökologischen Fußabdrucks und so (kostet auch weniger), ist man auf die USA-Korrespondenten der deutschsprachigen Medien angewiesen. Susanna Petrin von der Baseler bz hat sogar eine neue Ernsthaftigkeit auf der Messe ausgemacht: „Was auch auffällt: Die als oberflächlichere Strandparty-Messe verrufene Art-Tochter ist dieses Jahr ernster, tiefgründiger. Weniger Blödsinn, weniger Kitsch, mehr Inhalt, mehr Qualität.“ Frauke Steffens beschränkt sich in der FAZ vom 7. Dezember weitgehend auf die Vermittlung von Händlerprosa und Plattitüden: „Die Sammler gäben wieder mehr Geld aus, die Stimmung verbessere sich. Im Vorjahr hat der globale Kunstmarkt noch einen Umsatzrückgang von vier Prozent verzeichnet. Dass das Geld bei den Vermögenden nun wieder lockerer sitze, glaubt auch Alexander Forbes von der Verkaufsplattform Artsy. Die Unsicherheit über den Ausgang der US-Wahl habe auf die Stimmung gedrückt, sagt er. Gleich wie man zu dem Ergebnis stehe, hebe das Ende der Unklarheit die Kauflaune. Lust aufs Sammeln sollen in Miami Beach nicht nur die einzelnen Stände machen. Auch dieses Mal gibt es kuratierte Sektionen“. Ja, wer hätte das gedacht... In der NZZ grantelt hingegen Christiane Schaernack: „Nach enttäuschenden New Yorker Herbstauktionen waren die Galeristen dieses Jahr mit flauem Rückenwind nach Miami gekommen. Und auffällig ist auch hier, ähnlich wie beim Besucherprofil in New York während der Auktionswochen, die schwache Präsenz der Europäer. So liefen die Verkäufe während der ersten Messestunden der Art Basel in Miami Beach entsprechend schleppend. Das mag freilich auch am Angebot liegen. Denn zu den strukturellen Problemen zählt eben nicht nur ein Generationenwechsel bei den Sammlern. Der Markt ist einfach überschwemmt von Belanglosigkeiten, vor allem im Bereich einer oft ermüdenden jungen Malerei.“

Die einschlägigen englischsprachigen Onlinemedien berichten oft differenzierter, haben aber auch Buntes im Angebot, etwa Artnews mit Francesca Aton oder Artnet mit Annie Armstrongs Klatschkolumne. Instruktiv ist Katya Kazakinas Erlebnisbericht für Artnet: „Es genügt zu sagen, dass die international hoch angesehene Galerie Sprüth Magers am zweiten Tag der Messe nichts verkauft hat, nachdem sie am ersten Tag neun Verkäufe gemeldet hatte. Der leitende Direktor Andreas Gegner teilte mir dies am Donnerstagabend auf der Terrasse im 14. Stock des immer noch angesagten Soho Beach House in Mid-Beach mit, von wo aus man das Zelt überblicken kann, in dem White Cube früher seine berühmte jährliche Party veranstaltete. Es schien dort unten ruhig zu sein, als wäre nichts los. Ich war froh, nach einer einstündigen Taxifahrt im dichten Verkehr im Soho House anzukommen. Es war kurz nach 19 Uhr, als ich dort ankam, und ich stellte mich auf eine lange Wartezeit ein, aber – oh Wunder! – es gab keine Warteschlangen. Ich kam problemlos rein. Cecconis Restaurant und der Pool waren unheimlich leer. Wo waren alle?“ Die üblichen Erfolgsmeldungen der Galerien setzt Arun Khakar bei Artsy ins Verhältnis: „Der Verkauf des [David] Hammons für 4,75 Millionen US-Dollar ist ein weitaus niedrigerer Preis als der führende Verkauf, der letztes Jahr am VIP-Tag der Art Basel Miami Beach gemeldet wurde, ein Gemälde von Philip Guston für 20 Millionen US-Dollar (ebenfalls verkauft von Hauser & Wirth). Die Händler zeigten sich optimistisch, trotz eines gemächlicheren Tempos beim Geschäftsabschluss. 'Nach einer dunklen und nervösen Saison fühlt es sich an, als hätten sich die Wolken verzogen und das perfekte Wetter hier in Miami spiegelt die Stimmung der Kunstwelt wider – optimistisch und engagiert, aber ohne die übermäßige Hektik der Vergangenheit', sagte Marc Payot, Präsident von Hauser & Wirth. Der Mega-Händler Larry Gagosian bemerkte auch, dass ‚die Sammler sich Zeit lassen‘, sagte aber, dass seine Galerie ‚einen großartigen Start auf der Messe hatte und die Verkäufe stark waren‘.“

Wie schon In New York zeigten sich auch bei den deutschen Auktionen Licht und Schatten. Immerhin wurden die Millionenlose fast überall mindestens zu ihren Schätzpreisen vermittelt. Aus Lempertz in Köln berichtet Christian Herchenröder für das Handelsblatt: „Viele Hammerpreise blieben an den unteren Schätzungen, doch gab es im gut besetzten Saal ermutigende Telefon- und Onlinegebote. Für 77 Lose wurden nach Angaben des Hauses 9,4 Millionen Euro eingenommen. Mit den Tagesauktionen summiert sich der Gesamterlös für die Fotografie, die moderne und zeitgenössische Kunst auf 12,5 Millionen Euro. Henrik Hanstein bezeichnet das als 'ein gutes Ergebnis angesichts der Weltlage. Die Käufer gehen auf sichere Sachen, die internationalen Rang haben.'“

Nicht ganz so gut lief es Christiane Fricke im Handelsblatt zufolge für Van Ham in Köln, wohl nicht zuletzt aufgrund teilweise zu hoch angesetzter Schätzpreise: „Die Hammerpreise für die 39 Lose summieren sich nach eigener Berechnung auf 3,8 Millionen Euro. Es hätte mehr sein sollen. Zählt man die unteren Schätzpreise zusammen, kommt man auf 4,6 Millionen Euro. Das Auktionshaus nennt für den Evening Sale einen Bruttoumsatz von 5,2 Millionen Euro. So gerechnet macht es sich natürlich besser. Als Gesamtumsatz gibt Van Ham einschließlich der Tagauktionen 10,2 Millionen Euro brutto, also mit Aufgeld an.“

Der Markt für Alte Kunst ist zwar immer noch ein Käufermarkt, er gibt aber Lebenszeichen von sich, lässt sich aus der Zusammenfassung der Classic Week in London von Stephanie Dieckvoss im Handelsblatt schließen: „Insgesamt bietet die Woche mit Alter Kunst ein ermutigendes Ergebnis. Der Appetit auf Altmeister-Bilder und Antike ist wieder geweckt, seltene und ungewöhnliche Objekte sind gefragt. Die konservativen Schätzungen begünstigen die Käufer. Je nach Preisklasse kann man entweder bedeutende Werke oder erschwingliche Schnäppchen an Land ziehen.“

Die Versteigerung des ersten ausschließlich von KI authentifizierten Kunstwerks vermeldet George Nelson bei Artnews: „Das Auktionshaus Germann in Zürich hat sich mit dem in der Schweiz ansässigen KI-Authentifizierungsunternehmen Art Recognition zusammengetan, um die Herkunft eines Aquarells der russischen Künstlerin Marianne von Werefkin zu bestätigen. Das Aquarell wurde am 23. November für knapp 17.000 US-Dollar verkauft, fast doppelt so viel wie der geschätzte Höchstpreis von 9.000 US-Dollar.“ Das wird so lange gutgehen, bis sich die erste so bestätigte Arbeit als Fälschung entpuppt.

Die Power 100 von Artreview ist erschienen. Ganz oben auf der Liste steht Sheikha Hoor Al Qasimi. Michael Huber ist die Liste für den Wiener Kurier durchgegangen: „Die einst Mächtigen der westlichen Kunstwelt rangieren bei 'Art Review' auf den hinteren Plätzen, die Mega-Galeristen Iwan Wirth (Platz 28) und Larry Gagosian (Platz 35) liegen dabei noch vor Super-Kurator Hans Ulrich Obrist (Platz 59) und MoMA-Direktor Glenn Lowry (Platz 64). Österreicher finden sich nirgends, das zuletzt abgelöste Kuratorinnen-Trio der Kunsthalle Wien, "What, How & for Whom" belegt aber Platz 89 - wohl, weil es demnächst die viel beachteten "Skulptur Projekte Münster" kuratiert.“

Außerdem gibt es jetzt noch die Artnews Awards, „ein neues redaktionelles Projekt, das herausragende künstlerische Leistungen an US-amerikanischen Kunstinstitutionen würdigt.“

In Berlin scheint in der CDU ein Wettbewerb um den Pokal für den zynischsten Kulturbanausen ausgebrochen zu sein. Aktuell liegt der Regierende Bürgermeister Kai Wegner vor „Kultur“-Senator Joe Chialo, ist einem Bericht von Rainer Rutz in der taz zu entnehmen: „Konkret nannte Wegner die angeblich zu niedrigen Ticketpreise. Er zumindest frage sich, 'ob Karten bei bestimmten Bühnen so preiswert angeboten werden müssen'. Ob es richtig sei, 'dass die Verkäuferin im Supermarkt, die wahrscheinlich eher selten in die Staatsoper geht, mit ihrem Steuergeld diese Eintrittskarten allesamt mitsubventioniert'. [...] Dem Vernehmen nach soll Chialo zu Beginn der Verhandlungen von sich aus sogar mehr als das Doppelte des jetzt in Rede stehenden Kürzungsbetrags in den Topf geworfen haben. Das, heißt es aus der Koalition, sei selbst den nicht sonderlich kulturaffinen Chefverhandlern zu rabiat gewesen.“

Weil er einen Siebdruck Andy Warhols als Original an eine Galerie weitergereicht hatte, die es zusammen mit einem Fact Sheet für 770.000 Euro an einen Berliner „Sammler“ verkauft hatte, sei ein „Kunstsammler“ wegen Betrugs zu einer Bewährungsstrafe veruteilt worden, meldet dpa. Wer ohne weitere Recherchen eine Dreiviertelmillion Euro aufgrund einer mündliche Zusage und ein wertloses Stück Papier ausgibt, sollte sich selbst allerdings auch Fragen gefallen müssen.

Den langjährigen Leiter der Kunstsammlung der Deutschen Bank Friedhelm Hütte würdigt Oliver Koerner von Gustorf in einem Nachruf für Monopol: "Friedhelm Hütte liebte Kunst, Reisen, gutes Essen, Feiern. Er wurde für seine Freundlichkeit und Großzügigkeit geschätzt. Er hatte noch viel vor, er wollte etwa seine Privatsammlung, die in all den Jahren entstand, öffentlich zeigen. Letzte Woche ist er, erst 67-jährig, plötzlich und völlig unerwartet verstorben." Susanne Schreiber hebt im Handelsblatt sein bescheidenes Auftreten hervor: In einer oftmals geschwätzigen und von Selbstdarstellern geprägten Szene war Friedhelm Hütte eine Persönlichkeit, die sich nicht in den Vordergrund stellte, sondern durch Ankäufe und Ausstellungen das Ansehen der Deutschen Bank in der Kunstwelt entwickelte und mehrte. In der FAZ resümiert Ursula Scheer: „Sein Berufsleben geriet ihm zum Lebenswerk: Mehr als dreieinhalb Jahrzehnte zeichnete Friedhelm Hütte für die Kunstsammlung der Deutschen Bank verantwortlich. In dieser Zeit baute er die zunächst vergleichweise kleine Kollektion von Werken deutschsprachiger Künster zu einem rund 50.000 Arbeiten zählenden internationalen Ensemble aus.“

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung