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Kobels Kunstwoche

Bessere Zeiten: Schlangen vor dem Museum; Foto Jochims via Wikimedia
Bessere Zeiten: Schlangen vor dem Museum; Foto Jochims via Wikimedia
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 51 2017

Das Erwachen der Gier und deren mögliche Folgen nach einem neuen Auktionsrekord beschreibt Annegret Erhard in DIE WELT am Beispiel von Ernst Wilhelm Nay: "Nun wird sich recht schnell ein schlaues Geschwader von Nay-Gemäldebesitzern mit Trennungsgedanken tragen. Da ist es dann an den Auktionshäusern und ihren Experten, die Mechanismen des Markts zu beschreiben um Verwerfungen zu verhindern. Die sind nämlich unberechenbar und folgen unerklärlichen, im Grunde kaum vorhersehbaren Impulsen. Sicher ist allerdings, dass zu hoch angesetzte, an dem Millionenergebnis orientierte Taxen beziehungsweise Limite unweigerlich zu Rückgängen führen, die dann auf immer und ewig in den Datenbanken dokumentiert sind. Sehr schnell kann so der völlig falsche Eindruck entstehen, dass Nay derzeit nicht sonderlich gefragt ist. Wenn obendrein auf den Messen plötzlich viele mehr oder weniger gute Arbeiten von ihm auftauchen, wird sich das ebenfalls auf das Engagement der grundsätzlich launischen Kunstinteressenten auswirken."

Die Zeit der Jahresrückblicke läutet die NZZ mit einer Zusammenfassung der Auktionssaison in Deutschland von Christian Herchenröder ein: "Nur wenn klassische Topstücke zum Aufruf kommen, lässt sich die elitäre Sammlergemeinde bezaubern. Das betrifft nicht zuletzt Spitzenwerke des deutschen Expressionismus, die in deutschen Auktionen Mangelware geworden sind."

Eine Liste mit den zehn höchsten Auktionszuschlägen weltweit hat dpa zusammengestellt, nachzulesen unter anderem bei Monopol.

Das Kunstlager mit eventuell baldigem Zollfreilager in einem aufgegebenen Bundesbank-Gebäude in Thüringen hat Frank Kurzhals für das Handelsblatt vom 13. Dezember besucht. Gekauft haben es die Architekten, die es auch errichtet haben, für einen Bruchteil der Baukosten. "Aber wodurch wollen Perren und Schulte garantieren, dass ihr ZentralDepot auf der seriösen Seite der Kunstwelt bleibt und nicht von dubiosen Händlern unterwandert wird? Dazu sagt der Schweizer Perren: 'Uns ist wichtig, dass wir alle unsere Kunden auch persönlich kennen. Da haben wir immer die Chance, auch mal 'Nein' zu sagen. Diskretion ist uns sehr wichtig, aber eben keine Heimlichtuerei. Und auch das zukünftige Zollfreilager kann kaum transparenter sein, denn der Zoll hat jederzeit Zugriff auf die Inventarlisten, und damit ist das Freilager überwachter als jeder andere Bereich.' Gelingt das Projekt, könnte Deutschland als Hort für Kunst wieder attraktiver werden. Und Grütters könnte zur unfreiwilligen Verbündeten werden. Wo das Kulturgutschutzgesetz nicht nur Pflichten erzeugt, gewährt es auch Rechte, nämlich die finanzielle Förderung von deutschem Kulturgut in Privatbesitz. Möglicherweise einschließlich der Pflicht, die Werke öffentlich zu zeigen. In Meiningen ginge das."

Damien Hirst und Jeff Koons haben in Sachen Megalomanie Konkurrenz bekommen: Ron Mueck hat Australiens Nationalgalerie mit über 100 überdimensionalen Totenschädeln befüllt, berichtet Elizabeth Fortescue im Art Newspaper, begleitet von eindrucksvollen Bildern. Dann steht den zweistelligen Millionenpreisen ja nichts mehr im Wege.

Ein Gedankenspiel von Melanie Gerlis zur gegenläufigen Wertschätzung von Tizian und Leonardo im 17. Jahrhundert und heute in der Financial Times regt Rose-Maria Gropp dazu an, in der FAZ vom 16. Dezember über den Geschmackswandel bei Alten Meistern unter Einbeziehung aktueller Auktionsergebnisse zu sinnieren: "Es ist noch nicht so lang her, dass die virtuose Verträumtheit eines britischen Frühromantikers für eine Millionensumme gut sein kann; dass überhaupt die frommen Phantasien der Alten Meister in der profanen Welt so hoch dotiert werden; dass ein einigermaßen überdrehter flämischer Manierist derart aufsteigt. Ja, die Zeiten ändern sich, und mit ihnen der Geschmack. Und eigentlich ist das sehr tröstlich."

Auf welche vier Arten Frauen im Kunstmarkt benachteiligt sind, sollen eine Studie von Artnet und Rachel A.J. Pownall (Universität Maastricht,Tefaf-Studie) beweisen, deren Ergebnisse Julia Halperin für Artnet auswertet. Die Daten wurden demnach ausschließlich von Artnets Auktionspreisdatenbank und aus dem Galerienetzwerk von Artnet bezogen. Stutzig macht der Hinweis, die Autoren "untersuchen nur Künstler, die von Galerien repräsentiert werden, die es sich leisten können, am Galerienetzwerk von Artnet teilnehmen zu können." Das soll im Umkehrschluss wohl bedeuten, dass Galerien, die dort nicht Mitglied sind, sich kein Abo leisten können. Eine seltsame Form subtiler Werbung.

Aufmerksamkeit als Maßstab zur Beurteilung von Kunst und Kunst als Dienerin auf dem von Social Media befeuerten Befindlichkeitsjahrmarkt: Kolja Reichert versucht in der FAZ vom 17. Dezember zu erklären, warum in diesem Jahr ein Kunstwerk 450 Millionen Dollar kosten, wie zeitgenössische Kunst auf die Anklagebank vorgeblich progressiver Moralisten geraten und die documenta zum Spielball populistischer Politiker werden konnte: "Hier ein Ferrari, dort ein Leonardo, hier Damien Hirsts vorsätzlich geschmacklose Porträts von Geld, dort Ökosex-Spaziergänge durch Kassel, auf denen mit Bäumen geflirtet wird: All das ist möglich. Es ist möglich, weil 'Kunst' auf den Kredit ihrer Betrachter läuft. Deshalb musste auch 'Der letzte da Vinci' auf einer Welttournee mit anschließender Youtube-Doku in möglichst viele Blicke getaucht werden, bevor er bei Christie's in New York 450 Millionen Dollar erzielen konnte. Je höher die Preise steigen, desto mehr Blicktransaktionen sind nötig, das ist die Logik des Kunstwerks-als-Celebrity. Das Zeug muss zirkulieren. Kunst ist zirkulationsförmig geworden, von allen Seiten zerren Fahrtwinde an ihr, und das erklärt, warum Anne Imhofs Venedig-Beitrag, der sich als mächtiges, schwebendes Standbild in den digitalen Kanälen behauptete, während er am Ort selbst geduldige Anwesenheit einforderte, so erfolgreich war: Hier hat die Kunst auf die Geschwindigkeit ihrer Rezeption aufgeschlossen."

Den Versuch Katars, Kunst als Imagefaktor und Instrument des Nation Building einzusetzen, untersucht Ingo Arend in seiner Besprechung der Berliner Ausstellung "Zeitgenössische Kunst aus Katar" im Gespräch mit Rebecca Link auf WDR 5.

Warum der Kauf einer Christus-Darstellung durch einen saudischen Prinzen einen Sinn haben und wie ein 500 Jahre altes Bild der Modernisierung einer Gesellschaft dienen könnte, erklärt Michael Thumann in der ZEIT vom 14. Dezember: "Ganz allmählich bricht das Bilderverbot auf. Während Museen meist nur florale Muster zeigen, Werbung nur Waren präsentiert und Frauen nach dem Willen der Wahhabiten komplett verhüllt sein sollen, weichen die Saudis immer mehr in die digitale Welt aus, um andere Menschen zu sehen. Die öffentliche Zurschaustellung von Gesichtern scheint noch in weiter Ferne zu liegen. Vorerst kommt Christus nur bis Abu Dhabi und wird ein Schaustück im neuen Louvre werden. Doch da das Gemälde im saudischen Besitz ist, darf damit gerechnet werden, dass die Saudis es sich irgendwann ins eigene Land holen. Der Salvator Mundi, ein über 500 Jahre altes Bild, könnte so ironischerweise zu einem Symbolbild für die Modernisierung der konservativen Golfmonarchien werden."

Einen Rückgang der Museumsbesuche in Deutschland im letzten Jahr vermeldet Katherine Hickley im Art Newspaper. Durchschnittlich sei ein Rückgang um 2,2 Prozent auf 112 Millionen zu verzeichnen. Während Technikmuseen einen Zuwachs um 4,1 Prozent aufwiesen, sei der Besuch von Kunstmuseen um 7,4 Prozent eingebrochen. Wie passt das zu den ganzen schönen Erzählungen, dass Kunst immer beliebter würde und der Markt sich immer weiter nach oben entwickelte? Und warum ist das hierzulande nur eine kleine dpa-Meldung, unter anderem bei Monopol, wert? Dafür gibt es, ebenfalls bei Monopol, eine Liste mit den meistgegoogelten Künstlernamen.

Die Anfänge des Berliner Kunsthandels und seine Bedeutung für die damalige Kunstszene skizziert Nicola Kuhn im Tagesspiegel anlässlich der Vorstellung eines Buches über den Kunsthändler Louis Sachse.

Führungskräfte aus Industrie und Staatsapparat können an der renommierten Rhode Island School of Design Kreativität lernen. Casey Lesser stellt das Programm bei Artsy vor.

Wie die Leitung des Berkshire Museums sein Board dazu gebracht haben soll, einem Verkauf des Tafelsilbers zuzustimmen, zeigt Felix Salomon bei Artnet. Kann es sein, dass ein Aufsichtsgremium derartig simplen Taschenspielertricks aufsitzt?

Die zunächst albern klingende Frage, ob man ein Kunstwerk aus eigenem Besitz essen dürfe, stellt Isaac Kaplan auf Artsy. Die erstaunliche Antwort: unter Umständen. Denn das US-amerikanische Urheberrecht ist noch weiter aus dem Ruder gelaufen als das europäische, so dass Künstler sogar ein Recht darauf hätten, dass ihre verkauften Werke nicht zerstört werden; das schließe unter bestimmten Bedingungen selbst einzelne Exemplare aus Editionen ein.

Einige wirklich amüsante anonyme Gesprächsfetzen und Zitate hat Jocelyn Silver in Miami Beach für Interview aufgeschnappt.

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung