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Was von ukrainischen Kulturstätten nach Abzug der Russen übrigbleibt, dokumentiert der Kyiv Independent auf seinem Youtube-Kanal.
Den von Sotheby's gemeldeten Rekord-Umsatz von voraussichtlich acht Milliarden US-Dollar hat sich Eileen Kinsella für Artnet im Detail angesehen: "Sotheby's gab an, dass der Anteil der Kunst- und Luxusauktionen am Gesamtumsatz 6,4 Milliarden Dollar betrug, einschließlich Online-Verkäufen in Höhe von 580 Millionen Dollar sowie des Umsatzes der neu erworbenen Unternehmen RM Sotheby's und Concierge Auctions, die sich auf Autos bzw. Immobilien konzentrieren. Die privaten Verkäufe sind auf dem besten Weg, das dritte Jahr in Folge mindestens 1,1 Milliarden Dollar zu erreichen (im letzten Jahr waren die privaten Verkäufe mit 1,3 Milliarden Dollar offenbar höher).“ Etwas genauer hat Anny Shaw für das Art Newspaper in die Bücher von Sotheby's gesehen und dort Licht und Schatten gefunden: „Marketing ist die Stärke von Auktionshäusern, und zum ersten Mal hat Sotheby's seine Immobilien- und Oldtimer-Auktionen mit seinen Kunst- und Luxusauktionen kombiniert. Letztere erzielten einen Umsatz von 6,4 Mrd. $, wobei allein auf die Kunst 5,7 Mrd. $ entfielen. Das sind 9,5 % weniger als im Vorjahr (6,3 Mrd. $) und etwas mehr als die 5 Mrd. $, die im Pandemiejahr 2020 erzielt wurden. In einer Erklärung erklärte Charles F. Stewart, Vorstandsvorsitzender von Sotheby's, dass eine 'Flucht in die Qualität' in diesem Jahr - wie sie häufig in Zeiten des finanziellen Abschwungs auftritt - zu einer 'Nachfrage nach erstklassigen Meisterwerken geführt hat, sei es in etablierten oder neuen Kategorien wie Oldtimern oder Sammlerstücken'.“
Eine Zusammenfassung des Jahres bietet Artsy zum Download. Dabei handelt es sich jedoch vorwiegend um Listen à la „Die 50 teuersten Kunstwerke“ oder „Die 50 meistgesuchten Künstler bei Artsy“, weniger um Analysen.
In einen Jahresrückblick kleidet Stefan Koldehoff seine Generalabrechnung mit dem Kunstmarkt für die ZEIT: „'Die Leute kaufen, als ob es weder Krieg noch Krisen gebe', sagte auf der Kunstmesse Art Cologne wenige Tage danach ein international tätiger Kunstberater. Nach wie vor gelte die 3D-Regel, debt, divorce and death – Schulden, Scheidung und der Tod verschafften dem Kunsthandel die einträglichsten Geschäfte. Davon profitiert aber nicht der gesamte Markt; bislang sind es vor allem die großen Auktionshäuser und jene Galerien, die an der Spitze des Kunstmarktes mitspielen wie Gagosian und Zwirner, Pace und Acquavella, Hauser & Wirth, Deitch oder Gavin Brown. Sie kassieren vor allem sogenanntes altes Geld, als das im Kunstmarkt solches aus Europa und den USA gilt“. Als klugen Analysten zitiert er einen prominenten Zeugen: „Für den scheinbaren Widerspruch zwischen der in vielerlei Hinsicht desolaten Weltlage und der nahezu grenzenlosen privaten Kauflust am Kunstmarkt gibt es plausible Gründe. Dirk Boll, Vorstand für Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts Europe & UK, Middle East, & Africa beim Auktionshaus Christie's, beschreibt einen davon so: 'Das reichste Prozent der Weltbevölkerung ist in der Pandemie eher noch reicher geworden. Es ist in Konsumlaune und gibt tatsächlich Geld für Kunst aus [...]' In der Gatekeeperfunktion, die die Marktsysteme dabei wahrnehmen, sieht der Kunsthändler aber auch eine Gefahr: 'Selbst im Mittelmarkt, in dem früher Preise zwischen 50.000 und einer Million Dollar üblich waren, sind die Werke mittlerweile so teuer geworden, dass plötzlich die Wertsicherung der Investition eine Rolle spielt. Dadurch wird der Markt im Angebot immer konservativer.' Ganz up to date sind die Fakten allerdings nicht immer. So ist die Galerie von Gavin Brown bereits 2020 „unter die Fittiche der Gladstone Gallery geflüchtet“. Und Dirk Boll ist nicht „Vorstand für Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts Europe & UK, Middle East, & Africa beim Auktionshaus Christie's“. Er war dort zuvor als President für den EMERI-Raum (Europe, Middle East, Russia and India) zuständig. Seit April oder September ist er Deputy Chairman für das 20. und 21. Jahrhundert des EMEA-Raums (Europe, Middle East and Africa) in London, also in einer stellvertretenden Funktion. Zugegeben, das Titel-Geklingel der großen Auktionshäuser ist kaum nachvollziehbar, und auch erfahrene Autoren machen Fehler. Renommierte Zeitungen hatten früher Redakteure vom Fach, die auch kleine Schnitzer erkennen und beheben konnten.
Selbst Mega-Galerien müssen Rückschläge verkraften. Superblue, die Pace-Tochter, die mit immersiven Erlebnissen so etwas wie die Musical-Version von Kunst vermarktet, scheint in Scwierigkeiten zu stecken, berichtet David Cassidy bei Artnews: „Die beiden wichtigsten Persönlichkeiten von Superblue - Glimcher und Powell Jobs - haben sich aus ihren ursprünglichen Rollen im Unternehmen zurückgezogen. Ende letzten Jahres hat Emerson Collective, das Unternehmen von Powell Jobs, seine beiden Sitze im Vorstand aufgegeben. Im Herbst dieses Jahres wechselte Glimcher, wie es heißt, still und leise vom Vorstandsvorsitzenden zum Berater, obwohl dies auf der Website des Unternehmens nicht vermerkt ist. In der Zwischenzeit litt Superblue unter Streitigkeiten im Vorstand, hoher Fluktuation und mangelnder Finanzierung, die laut Quellen das Ergebnis von Kostenüberschreitungen, Missmanagement und einer Vorstandsstruktur ist, die die Entscheidungsfindung erschwert hat. Das einstmals aufregendste neue Projekt der Kunstwelt scheint zu scheitern.“
Zu einer Art Mini-Dauermesse hat sich eine Gruppe französischer Händler in Paris zusammengetan, berichtet Olga Grimm-Weissert im Handelsblatt: „Ein Pop-up-Store in denkbar bester Lage, am Rond Point der Champs Elysées, wo die noble Avenue Matignon einmündet. Sechs Spitzenhändler zeigen Möbel, Kunsthandwerk und Gemälde aus vier Jahrhunderten. 'Ausschließlich Meisterwerke', betont Laurent Kraemer, dessen Tochter Sandra mit ihren Cousins Mikael und Alain Kraemer die Idee lancierte und umsetzte. Kurzfristig wurde der Mietvertrag für ein Haus unterzeichnet, der mindestens bis Mitte April 2023 läuft. Sofort verpflichtete die fünfte Generation der Händlerfamilie Kraemer den erfahrenen Szenographen Patrick Hourcade für die Anpassung des Gebäudes, um Möbel, erlesenes Kunsthandwerk, Lüster, eine Kutsche, edle Wandvertäfelungen und Gemälde ansprechend zu präsentieren.“
Dinosaurierskelette sind jetzt auch Kunst, hat Alice Fisher für den Guardian herausgefunden: „Das erste Exemplar dieser Art, das öffentlich versteigert wurde, erzielte einen Preis von 6.069.500 $ und ging an eine neue Generation von Kunstsammlern, die Dinosaurier als Sammlerstücke betrachten. Diese Fossilienverkäufe nehmen seit einiger Zeit zu. Ein T-Rex-Skelett namens Shen mit einem Schätzwert von 25 Millionen Dollar wurde im November von einer Christie's-Auktion zurückgezogen. Vor Maximus verkaufte Sotheby's letzten Sommer einen Gorgosaurus für 6,1 Millionen Dollar - eines von nur 20 existierenden Fossilien dieser Art. Dinosaurierskelette tauchen auch auf Kunstmessen auf. Im Vereinigten Königreich verkaufte die David Aaron Gallery dieses Jahr einen 154 Millionen Jahre alten Camptosaurus auf der Frieze London und einen Triceratops-Schädel auf der Kunstmesse Masterpiece im Juli. Die Galerie ArtAncient war die erste, die Fossilien auf die Frieze London brachte und 2019 ein 50 Millionen Jahre altes Krokodil verkaufte.“
Nach dem Einbruch des Marktes für NFT kommen jetzt die Klagen. In den USA müssen sich auch Prominente vor Gericht verantworten, berichtet Torey Akers im Art Newspaper: „Am 8. Dezember reichte die New Yorker Anwaltskanzlei Scott + Scott Attorneys at Law im Namen der Kläger Adam Titcher und Adonis Real eine Klage ein, in der behauptet wird, dass Yuga Labs, das vor allem für seine NFT-Kollektion Bored Ape Yacht Club (BAYC) bekannt ist, gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb verstoßen hat, indem es Prominente zur Werbung für seine digitalen Waren ermutigte. Die Klage beschuldigt auch die lange Liste der beklagten Stars - von Paris Hilton bis Madonna -, eine Entschädigung für ihre verdeckte Werbung angenommen zu haben, mit der Krypto-Handels-App Moonpayals Vermittler.“
Eine großspurig angekündigte Ansprache Donald Trumps entpuppte sich als Werbung für seine NFT-Kollektion, breiten Daniel Dillmann und Christian Stör genüsslich in den Online-Zeitungen der Ippen-Gruppe aus.
Paris als Zentrum für zeitgenössische afrikanische Kunst stellt Olga Grimm-Weissert im Handelsblatt vor: „Die Mehrheit der Pariser Afrika-Galerien stellt allerdings noch weitgehend unbekannte Künstler aus Afrika oder der Diaspora vor – im Gegensatz zu den Auktionshäusern. Dort dominieren bekannte Namen wie Chéri Samba, Moké, Amani Bodo, Chéri Chérin oder Aboudia. Auf den Messen „1:54“ in London, New York, Paris und Marrakesch oder der Pariser „AKAA“ mischen die Galeristen Entdeckungen mit kommerziell abgesicherten Werten, die aber selten mehr als 100.000 Euro kosten. Noch.“
Nachdem bereits elf Werke aus dem Besitz der Schering Stiftung auf der letzten Auktion von Villa Grisebach in Berlin den Besitzer wechselten, wird der Rest der Sammlung mit knapp 60 Werken ab 1. Februar im Rahmen einer Verkaufsausstellung in den Räumen des Auktionshauses angeboten, ist der Webseite der Stiftung zu entnehmen.
Die Sammler und ehemaligen Galeristen Paul Maenz und Gerd de Vries schenken laut einer Pressemitteilung der Graphischen Gesellschaft zu Berlin, die Teil der Staatlichen Museen ist, zum 25-jährigen Jubiläum 7.500 Papierarbeiten. Bereits 2003 hatten die beiden dem Kupferstichkabinett auf diesem Wege über 200 Objekte zukommen lassen.
Auch Stuttgart restituiert jetzt Benin-Bronzen an Nigeria, meldet dpa.
Die Juwelen aus dem Grünen Gewölbe sind wieder da, zumindest der größte Teil. Der Spiegel meldet als Erster: "Die Staatsanwaltschaft Dresden, die Soko Epaulette und das LKA Sachsen haben in der Nacht vom 16. auf den 17. Dezember in Berlin einen erheblichen Teil des bei dem Einbruch in das Grüne Gewölbe entwendeten Diebesgutes sichergestellt. Das teilten die Behörden am Samstag mit." Die Meldung beruht weitgehend auf einer Pressemitteilung der sächsischen Polizei. Wie es zu der Weiderentdeckung kam, erklärt Stefan Locke in der FAZ: „Über das weitere Verfahren und insbesondere über die Absprachen zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung soll nun am nächsten Prozesstag am kommenden Dienstag informiert werden. Eigentlich sollte das Verfahren bereits im Herbst enden, auch die Beweisaufnahme ist praktisch abgeschlossen. Zuletzt fielen mehrfach Verhandlungstage aus, offenbar weil hinter den Kulissen an einem Deal gefeilt wurde. Nachdem die Verteidiger der sechs Hauptangeklagten, die alle der in Teilen schwerkriminellen Großfamilie Remmo aus Berlin angehören, sich noch bei Prozessbeginn sicher gaben, dass alles auf einen Freispruch hinauslaufe, wandelte sich das Bild im Fortgang deutlich. Gegen vier Angeklagte liegen eindeutige DNA-Spuren vom Tatort vor, gegen einen fünften Angeklagten gibt es eine sehr deutliche Mischspur.“
In der Villa Grisebach wird der der größte Teil des Staffelstabs innerhalb der Familie weitergegeben, meldet Christian Herchenröder im Handelsblatt: „Firmengründer Bernd Schulz, der mit einem Anteil von 89,7 Prozent Hauptgesellschafter des Unternehmens war, trennt sich von 79 Prozent und präsentiert seinen Stiefsohn Daniel von Schacky als seinen Nachfolger. Co-Chefin wird Diandra Donecker.“ Der Kunsthändler werde sich ganz dem Auktionsgeschäft widmen, hat Ursula Scheer für die FAZ erfahren: „Für den sechsundvierzigjährige[n] Daniel von Schacky ist die Berufung, die er eine 'Ehre und Verpflichtung zugleich' nennt, auch eine Rückkehr: Von 2006 bis 2016 war er bereits Geschäftsführer, Gesellschafter und Leiter der Abteilung für zeitgenössische Kunst bei Grisebach. Seither war er als Kunstberater in Düsseldorf tätig. Sein Unternehmen Schacky Art & Advisory werde den öffentlichen Betrieb einstellen, teilt das Auktionshaus auf Anfrage mit, 'es werden keine Ausstellungen und Messeteilnahmen mehr stattfinden. Die volle Aufmerksamkeit von Daniel von Schacky wird auf Grisebach liegen'. Diandra Donecker, Jahrgang 1988, leitete von 2017 an die Fotografie-Abteilung des Hauses, bevor sie 2019 die Geschäftsführung von dem in die Verlagsbranche wechselnden Florian Illies übernahm und Partnerin wurde.“
Ein absolut lesenswertes Portrait von Lucas, dem jüngsten Spross der Galeristen-Dynastie Zwirner, zeichnet Tobias Haberl im Süddeutsche Magazin vom 16. Dezember (Paywall): „Lucas Zwirner ist nicht naiv, zumindest nicht mehr. Er weiß, dass es in einer Galerie darum geht, Kunst zu verkaufen. Er akzeptiert das, aber fasziniert ist er von anderen Dingen. Wenn die am Ende dazu beitragen, dass mehr Kunst verkauft wird, soll ihm das recht sein. Er denkt disruptiv, aber nicht um jeden Preis, hat Sinn für Geschichte und Überlieferung. Er nennt es nicht so, scheint aber an so etwas wie Karma zu glauben: Wer mit Kunst Geld verdient, muss sie lieben, nicht benutzen. Er akzeptiert nicht nur, dass Kunst eine Seele hat, die man respektieren muss, er empfindet es auch so. Den Spagat, in den ihn sein Job permanent zwingt, immer noch perfekter hinzukriegen, darin scheint für ihn die Herausforderung zu liegen: Weil er erneuern, aber auch bewahren, weil er digitalisieren, aber die physische, ja spirituelle Dimension von Kunst im Blick haben muss. [...] Er spricht von 'Glaubwürdigkeit', 'Kontext', 'Tiefe'. Davon, dass man Brücken bauen müsse, zwischen der Kunstgeschichte und der Gegenwart, dem Netz und der analogen Wirklichkeit, dem ideellen und dem monetären Wert von Kunst.“