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Kobels Kunstwoche

Hamsterrad Kunstmesse, hier: Vernissage Art Basel 2016; Foto Stefan Kobel
Hamsterrad Kunstmesse, hier: Vernissage Art Basel 2016; Foto Stefan Kobel
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 6 2017

Die Februar-Ausgabe von Monopol beschäftigt sich ausführlich mit der Großwetterlage auf dem Kunstmarkt und versucht zu eruieren, wo es hingeht. Vor diesem Hintergrund beleuchte ich die Situation von Galerien und wie sich der Strukturwandel auf Kunstvermittlung und -produktion auswirkt: "Die Teilnahme an der Art Basel müssen sie als Marketingmaßnahme verstehen, um ihre Aufnahme in die oberste Riege der Galerienhierarchie zu demonstrieren. Das erwarten nicht nur ihre Kunden, sondern auch ihre Künstler. Anderenfalls droht Abwanderung zu einer renommierteren Galerie. Wer es als Galerist einmal in diesen erlauchten Zirkel geschafft hat, kann ihn allerdings nicht mehr ohne weiteres verlassen, da Kunden und Künstler eine Verstetigung dieses Niveaus erwarten. Das hat Auswirkungen auf das Geschäftsmodell der Galerie, die einen entsprechenden Apparat unterhalten muss. Kunst wird in diesem Star-System aus Messen und Auktionen nicht über Inhalte definiert und evaluiert, sondern über den Preis."

Über ihre Erfahrungen aus neun Jahren Galeriearbeit hat Daniel Völzke ebenfalls für Monopol mit Sabina Kohler und Bettina Meier-Bickel gesprochen, deren Galerie in Zürich mit der laufenden Ausstellung endgültig schließt. Zum Ende erinnern sie noch einmal daran, warum sie diesen Beruf überhaupt ergriffen haben und was sie vermissen werden: "Vor allem der direkte Kontakt mit den Künstlern und dass wir mit ihnen etwas erarbeiteten. Wir haben uns als Schnittstelle gesehen, wir wollten die Welt des Künstlers mit den Anliegen des Sammlers verbinden. Auch zu sehen, wie sich ein Künstler entwickelt, in welche Sammlungen er gekommen ist und so weiter, hat uns enorm Freude gemacht."

Astrid Mania hat sich in der Süddeutschen Zeitung das Finanzspekulantentum der Start Up-Entrepreneure und Venture Capitalisten vorgenommen und zieht Parallelen zum Kunstmarkt: "Dies mag erklären, warum sich Spekulanten besonders zu einer zeitgenössischen Kunst hingezogen fühlen, deren vorhergesagte Preissteigerungen auf dem Urteil von Algorithmen oder anderen Investoren beruhen und nicht auf dem Urteil der Geschichte oder dem von tatsächlichen oder vermeintlichen Spezialisten. Damit wird die Bewertung nach inhaltlichen, formalen, kunsthistorischen oder anderen nicht-ökonomischen Kriterien nicht nur nebensächlich. Sich von diesen beim Kauf leiten zu lassen, würde den Mechanismen und der Mentalität der zeitgenössischen Finanzmärkte widersprechen und diese womöglich infrage stellen." Wenn es nur so einfach wäre.

In eine ähnliche Kerbe schlägt ausgerechnet Thaddäus Ropac, dessen Vortrag auf der Fachkonferenz Talking Galleries in Barcelona Henri Neuendorf für Artnet referiert. Der Galerist schlug dort allen Ernstes eine Schwarze Liste für Art Flipper vor, an die nicht mehr verkauft sollte. Das mag für einige Kunstmarktteilnehmer überraschend klingen, doch hier gilt wie in jedem anderen Markt: Kartellbildung ist illegal.

Für das von ihnen "erfundene" neue Berufsfeld Projektmanagement im globalen Kunstvermarktungsbetrieb der ehemaligen Gagosian-Angestellten Jessica Arisohn and Rysia Murphy macht Julia Halperin im Art Newspaper Reklame.

Déjà-vu in DIE WELT AM SONNTAG vom 5. Februar : Marcus Woeller berichtet über die in Genf angesiedelte Initiative Responsible Art Market RAM und eine Tagung am Rande der Art Genève.

Dass gegen Kunstfälschungen endlich ernsthaft etwas unternommen werden müsse, fordern Laura Gilbert und Bill Glass im Art Newspaper und erklären, woran es bislang hapert.

Wie das Pfeifen im Walde nimmt sich Anna Louie Sussmans Versuch auf Artsy aus, wenn sie zu erklären versucht, warum Donald Trump die Künste bräuchte, in dem sie mit der wirtschaftlichen Bedeutung des kreativen Sektors argumentiert. Damit begibt sie sich auf das Terrain des Präsident gewordenen Trolls und liefert ihm bestenfalls weiteres Futter für seine Attacken.

Ein grundsätzliches Nichtverstehen davon, wie Kunst im aktuellen Wirtschaftssystem vermittelt und vermarktet wird, artikuliert Ben Valentine in seiner Erlebnisbericht von der Artstage Singapore auf Hyperallergic. Als Vertreter einer nicht-kommerziellen Organisation in Kambodscha sei ihm das gestattet.

Artefiera, die Kunstmesse in Bologna existiert immer noch. Da die neue Direktorin jegliche Ambitionen auf internationale Reichweite aufgegeben zu haben scheint, muss an dieser Stelle auf Silvia Anna Barilla verwiesen werden, die in Il Sole 24 Ore titelt: "Artefiera verbessert die Qualität, ist aber immer noch wenig international".

Die India Art Fair setze unter der Ägide ihrer neuen Besitzerin, der Art Basel-Mutter MCH Group, vor allem auf das Internet als Innovationsmotor, berichtet Anny Shaw im Art Newspaper. Als heilsbringende Neuerfindung des Rades verkauft Skye Arundhati Thomas die Veranstaltung bei Artnet.

Als misslungenen Marketing-Gag beurteilt Olga Kronsteiner die Auktion von Otto-Hans Ressler in Wien mit Kunst ausschließlich von Frauen im Standard und bemüht dabei fragwürdige Argumente: "Insgesamt, berichten Augenzeugen, sei die Stimmung im Auktionssaal schon eher trist und das Bieterengagement überaus verhalten gewesen. Am Ende summierten sich die hauptsächlich an Telefonbieter erteilten 66 Zuschläge inklusive Aufgeld auf die eingangs erwähnte Summe. Knapp 50 Prozent des Angebots blieben demnach unverkauft. 64 Kunstwerke durften im Nachverkauf noch auf Interessenten hoffen. Derzeit harren noch 58 zum jeweiligen Verkaufslimit dieser vorläufig letzten Chance. Bei 75 Prozent liegt das Limit beim Rufpreis, der ja eigentlich nur ein Richtwert sein sollte und teils bei nicht einmal einem Drittel des ab Atelier oder Galerie üblichen Kaufpreises liegt. Das mag den Usancen des Sekundärmarktes entsprechen, ist jedoch bei zeitgenössischer Kunst eine Gratwanderung zulasten der Kunstschaffenden." Diesseits der großen Abendauktionen sind Zuschlagsquoten über 50 Prozent ganz passabel, und das letzte Argument ist eine Fundamentalkritik, die sich auf Auktionen mit Zeitgenössischer Kunst allgemein bezieht.

Wie fast alle Banken leidet die Provinzial unter dem niedrigen Zinsniveau und niedrigen Margen. Das Prunkstück der Unternehmenssammlung kommt daher unter den Hammer. Susanne Schreiber nimmt das Unternehmen im Handelsblatt in die Pflicht: "Und weil das so ist, sieht Walter Tesarczyk, Vorstandsvorsitzender der Provinzial Rheinland, 'jetzt den strategisch richtigen Zeitpunkt' für einen Verkauf - 'schweren Herzens', wie er einräumt. [...] Und so betont der Provinzial-Vorstand via Christie's Pressemitteilung, dass der Verkauf des spektakulär wertvollen Einzelwerks 'der Weiterführung des langjährigen kulturellen Engagements der Provinzial Versicherung' und 'auch dem Ankauf junger zeitgenössischer Kunst für die Unternehmenssammlung dienen' soll. Daran werden Walter Tesarczyk und die Provinzial Versicherung zu messen sein."

Im Südwesten schließen immer mehr gerade erst gegründete öffentliche Museen, berichtet Rüdiger Bäßler in der Stuttgarter Zeitung. Die Lösung: "Hätte die Landesregierung eine zentrale Abstimmungsstelle zur Vergabe von Fördergeldern bei Museumsneugründungen, es wäre ein Segen, sagt Verbandspräsident Merk. Dann könnten 'realistische Erwartungshaltungen' entwickelt werden."

Einen sehr romantischen Anstrich gibt Sabine Reithmaier ihrem Portrait des Galeristen Heiner Friedrich in der Süddeutschen Zeitung anlässlich eines Besuchs in dessen Museum Maximum: "Künstliche Beleuchtung gibt es im Maximum nicht. Wenig erstaunlich, dass Friedrich vom normalen Kunstbetrieb wenig hält. Die kommerzielle Seite sei eine einzige Störung, 'eine Verrennung in Sensation'. Je mehr Ausstellungen, desto weniger würden Menschen Kunst wahrnehmen. Da sei es viel besser, so lange wie möglich im Maximum zu bleiben und zu warten. Bis die Kunst spricht." Noch mehr Biedermeier.

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung