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Kobels Kunstwoche

Wo sind die 100 Millionen? Baseler Messehallen sind ein Viertel weniger wert. Foto Stefan Kobel
Wo sind die 100 Millionen? Baseler Messehallen sind ein Viertel weniger wert. Foto Stefan Kobel
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 8 2018

Tiefrot seien die Zahlen der Messe Schweiz, der Mutter der Art Basel, meldet Sergio Aiolfi in der NZZ. Auf die Baseler Immobilie habe wegen der Schrumpfkur der Basel World eine Sonderabschreibung von 102 Millionen Franken vorgenommen werden müssen. Trotzdem sehe sich die Messeleitung auf einem guten Kurs: "Das Unternehmen hat in den letzten Jahren tatsächlich einiges getan, um die Abhängigkeit vom Standort Basel zu reduzieren. Die Geschäftstätigkeiten sind diversifiziert und internationalisiert worden. [...] Zudem hat das Unternehmen mittels Zukäufen seine Position im internationalen Kunstmarkt verstärkt." Die Renditeerwartungen an die Kunstmessen dürften damit nicht kleiner geworden sein. Dass der Kunstmarkt sich mittlerweile eher von den Großmessen weg entwickelt, werden die Konzernlenker wie beim Uhrengeschäft wohl auch erst merken, wenn es zu spät ist.

Die stark gestiegenen Umsätze von Christie's, Sotheby's und Phillips nimmt Anne Reimers in der FAZ vom 17. Februar unter die Lupe und stellt fest: "Hohe Umsätze können darüber hinwegtäuschen, dass es schwierig ist, das kostenintensive Auktionsgeschäft profitabel zu gestalten. Denn Werke, die mit neuen Rekorden Schlagzeilen machen und das Preisniveau insgesamt nach oben treiben, verschlingen oft so hohe Marketingkosten, dass es die Lose unterhalb der mehrstelligen Millionenhöhe sind, die eigentlich das Brot verdienen." Gleichzeitig bemerkt sie: "Weil die Sammler mit den größten finanziellen Mitteln nur an Spitzenware interessiert sind - und die Neukunden aus Asien, die oft gleich am oberen Marktende einsteigen, an Markennamen mit Wiedererkennungswert -, öffnet sich die Schere zwischen Ausnahmewerken und dem Rest der Lose. Und es macht die Zeitgenossen-Auktionen zunehmend monoton".

Die aktuelle Diskussion um minorisierte Gruppen scheint sich für schwarze Künstler auszuzahlen, wie Tim Ackermann nach Analyse von Auktionsdaten in der Weltkunst feststellt: "Selbstbewusste Black Art trägt nicht nur zur Debatte bei, sondern hat sich auch zu einem lukrativen Zukunftssegment am Markt entwickelt."

Künstler und deren Erben im Nahen Osten benutzten in der Folge steigender Preise ihre Autorität hinsichtlich der Authentifizierung von Werken und das Urheberrecht sowohl zum Abkassieren als auch zur Durchsetzung der Deutungshoheit über das Werk, legt Tim Cornwell im Art Newspaper dar. Derlei Unsitten sind im westlichen Kunstmarkt nicht unbekannt, wo das Expertenwesen schon lange in der Kritik steht und immer wieder als Argument für den Einsatz der Blockchain-Technologie herangezogen wird. Sinnvoll anwendbar ist diese natürlich nur für Werke lebender Künstler. Das in seiner aktuellen Ausformung ausufernde Urheberrecht ist in erster Linie der Lobbyarbeit der Content-Industrie zu verdanken.

Britische Museen sollten endlich aufhören, Lizenzgebühren für Abbildungen von Werken aus ihrem Besitz zu nehmen, fordert Bendor Grosvenor im Art Newspaper. Einerseits brächte das als Geschäft praktisch nichts ein, andererseits gäben die Institutionen Millionen für Bildungsprogramme aus, um den Menschen die Kunstwerke nahezubringen, zu denen sie ihnen gleichzeitig den Zugang erschwerten.

Das Museum als Drehscheibe des Neofeudalismus und Anlaufstelle für dessen Vertreter feiert Catrin Lorch völlig unironisch in der Süddeutschen Zeitung: "Für Sammler, die sich schon in Dubai oder New York für die Kunst engagiert haben, ist das Museum als Institution ein vertrauter Ort, man spricht sozusagen die gleiche Sprache und fühlt sich vielleicht nur wie in einer anderen Niederlassung des gleichen, exklusiven Clubs. Und wer genügend Mittel aufbringen kann wie etwa der chinesische Mäzen Joseph Hutong, der kann darauf bauen, dass die nach ihm benannte und für mehr als zwei Millionen Pfund runderneuerte orientalische Galerie des British Museums von der britischen Königin eröffnet wird. Diese Öffnung strahlt ab, kaum eine Institution hat sich in den vergangenen Jahren so verändert wie das Museum. Kunstmuseen haben sich nicht nur internationalisiert, sondern wollen die demokratische Gesellschaft, die sie unterhält, auch reflektieren."

Wie man mit Kunst Nazi-Vermögen weißwäscht und mit Kunsthandelshintergrund und -verbindungen Museumskarriere macht, lässt sich bei Olga Kronsteiners Besprechung der Ausstellung der Horten-Sammlung im Wiener Leopold-Museum im Standard nachlesen. In der Vorwoche hatte Nina Schedlmayers Beitrag zum Thema im Artmagazine für ziemlichen Wirbel in Wien gesorgt und eine Diskussion ausgelöst.

Ob es mehr sei als ein Marketing-Gag, wenn Künstler Werke verschenken, fragt Gunnar Lützow in der ZEIT: "Einerseits handelt es sich dabei um sympathische Aktionen, die das hierarchisierte Verhältnis von Großkunstbesitzern, Kunstbesitzern und Nichtkunstbesitzern irritieren. Andererseits stellt die Schenkung einen mit machtvollen Bedeutungen aufgeladenen Akt dar, der gesellschaftliche Bindungen schaffen soll. In der Terminologie Pierre Bourdieus entsteht so ein 'soziales Kapital', das einen wesentlichen Bestandteil des Ansehens einer Person bildet. Auch die jüngere Gegenwartsdiagnostik spricht von der Aufmerksamkeitsökonomie", deren Funktionieren ebenfalls auf kleinere Regelverstöße gegen die handelsüblichen Mechanismen angewiesen ist." Vielleicht sollte sich Jeff Koons einmal mit seinen Kollegen über die Bedeutung des Wortes "gratis" unterhalten und was man mit Geschenken noch bezwecken könnte außer Selbstvermarktung.

Die Staatsanwaltschaft Kassel habe ihre Ermittlungen um das documenta-Defizit ausgeweitet, meldet Lothar Schröder in der Rheinischen Post, wo er den Stand der Dinge ausführlich referiert.

Nach dem vergeblichen Versuch des Düsseldorfer Oberbürgermeisters Thomas Geisel, das von Galeristen organisierte Photo Weekend unter seine Fuchtel zu bekommen, gibt es jetzt zwei parallele Veranstaltungen, die Christiane Fricke für das Handelsblatt vom 16. Februar abzuarbeiten versucht hat. Glücklich scheint sie mit dem Ergebnis nicht zu sein, denn ein Zuwachs an Bedeutung sei mit dem verdoppelten Volumen nicht einhergegangen. Sie sieht Optimierungsbedarf: "Das gilt umso mehr, als sich Oberbürgermeister Geisel dafür stark macht, 'in Zukunft von hier aus weitere Impulse für die Fotoszene in Deutschland zu setzen'. Alles andere ist reines Marketing. Stimmt die Qualität, dann würde es auch eine Nummer kleiner tun."

Die Gründe für die Schließung seiner Galerie Aanant & Zoo erörtert Alexander Hahn im Gespräch mit Daniel Völzke in Monopol.

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung