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Kobels Kunstwoche

Sag mir, wo die Blumen sind! Adieu Cologne Fine Art; Foto Stefan Kobel
Sag mir, wo die Blumen sind! Adieu Cologne Fine Art; Foto Stefan Kobel
Stefan Kobel

Stefan Kobel

Kobels Kunstwoche 8 2022

Die traditionsreiche Cologne Fine Art (ehemals Westdeutsche Kunst- und Antiquitätenmesse) ist Geschichte. Zuerst meldet das Werner Remm für Artmagazine: "Die Cologne Fine Art als eigenständige Messe wird es nicht mehr geben. Ein neues Sonderprogramm, Art + Object genannt soll innerhalb bzw. neben der Art Cologne Angebote aus dem Kunst- und Antiquitätenhandel, von Antiken bis Design und außereuropäischer Kunst. Die zeitgenössische Kunst, bisher auf der Cologne Fine Art ob mangelnder Qualität eher Ärgernis denn ernstzunehmendes Angebot an die Sammler:innen, fällt damit alleine an die Art Cologne. Als Kurator steht Messedirektor Daniel Hug der Kunsthändler und Kurator Sebastian Jacobi zur Seite, der selbst erstmals 2019 auf der Cofa ausgestellt hatte." Ein Statement dazu habe ich von Daniel Hug, Direktor von Art Cologne und Cofa, für das Handelsblatt eingeholt.

Es lässt sich kaum noch leugnen, dass Los Angeles sich zu einem Zentrum des internationalen Kunstmarkts entwickelt hat. Der dort dortige Frieze-Ableger blüht und gedeiht, wie der Eröffnungsbericht von Deborah Vankin von der Los Angeles Times vor Augen führt: "Apropos großflächig: Das Frieze-Zelt selbst - eigentlich drei miteinander verbundene Zelte [...] ist 40 % größer als in den Vorjahren. Es beherbergt 100 Aussteller aus 17 Ländern (beim letzten Mal, im Jahr 2020, waren es 77). Die Frieze erwartet an den vier Tagen rund 35.000 Besucher. Alle erwarteten Blue Chip-Galerien waren vertreten, darunter Blum & Poe, David Kordansky, Sprüth Magers und Hauser & Wirth. Aber die Galerien von der Ostküste, die nach L.A. ziehen, sorgten für den größten Rummel. Es gibt mindestens acht von ihnen, darunter Sean Kelly, Lisson Gallery, Pace, the Hole, Karma, Albertz Benda, Danziger und Sargent's Daughters in Zusammenarbeit mit Shrine." David Zwirner reihe sich ebenfalls ein, bemerkt Robin Pogrebin in der New York Times: "Mit dem neuen 1.400 Quadratmeter großen Projekt gesellt sich Zwirner zu den anderen Mega-Galerien, die schon lange in Los Angeles präsent sind: Gagosian, das 1995 in Beverly Hills eröffnete, und Hauser & Wirth, das 2016 im Downtown Arts District eröffnete und im kommenden Herbst einen zweiten Standort in West Hollywood eröffnen wird. Anfang dieses Monats gab Pace bekannt, dass es sich mit der Galerie Kayne Griffin aus Los Angeles zusammenschließt, um im April eine neue Niederlassung in Mid-Wilshire zu eröffnen; die Galerie hat auch eine Filiale in Palo Alto."

Als Zusammenfassung der Woche in Los Angeles bietet sich die sich weitgehend aus Bildern bestehende Berichterstattung von Artnews an, die die dortige Kunstszene als Tummelplatz von Promis oder Handlunsgraum für BIPoC-Aktivisten und die Frieze sowie die Satellitenmesse Felix als Laufsteg versteht. Fehlen dürfen natürlich auch nicht die zehn besten Messestände und eine Auswahl teurer Verkäufe.

Der Hype um NFTs hätte das Verständnis eines breiteren Publikums für digitale Kunst nicht etwa erweitert, sondern im Genteil verengt, behauptet Christiane Paul im Art Newspaper: "Der NFT-Boom hat das öffentliche Bild der digitalen Kunst, die ein breites Spektrum kreativer Ausdrucksformen umfasst, auf einzelne reproduzierbare digitale Bilder, animierte Gifs oder Videoclips reduziert - die Standardformen digitaler Sammlerstücke und der Meme-Kultur. Es mag ein Segment der Kryptowelt geben, das durch NFTs die Breite und Geschichte der digitalen Kunst entdeckt und begonnen hat, sie zu unterstützen, aber dieses Segment scheint nur eine kleine Überschneidung im Venn-Diagramm der traditionellen Kunstsammler und NFT-Sammler darzustellen." Damit wäre dann wohl auch eines Hauptargumente der NFT-Apologeten hinfällig.

Melania Trump scheint die Auktion eines von ihr hergestellten NFTs übrigens selbst gewonnen zu haben, meldet Bloomberg.

Während unter jungen zeitgenössischen Künstlern Porzellan und Keramik als Werkstoff angesagt sind, führt ältere Studiokeramik auf dem Kunstmarkt noch immer weitgehend ein Schattendasein. Doch das scheint sich zumindest in der Spitze gerade zu ändern, hat Sebastian Preuss für die WELTKUNST (kostenlose Anmeldung) herausgefunden: "Das Jahr 2021 katapultierte Rie und Coper in ganz neue Gefilde. Wie beim Meissener Porzellan war auch hier der Anlass eine besondere Sammlung. John Driscoll, Eigentümer von Driscoll Babcock, der ältesten Kunsthandlung New Yorks, widmete sich zum privaten Pläsier der britischen Studiokeramik und begnügte sich dabei nur mit erlesenen Stücken. Die Versteigerung nach seinem Tod, in London gemeinsam von Phillips und dem auf Keramik spezialisierten Auktionshaus Maak ausgerichtet, löste im November einen wahren Kaufrausch aus. Drei Meisterwerke Copers fanden für 520.000, 440.000 und 410.000 Pfund neue Besitzer; acht weitere Stücke von ihm erzielten mehr als 100.000 Pfund. Solche Zuschläge hatte die Studiokeramik noch nie erlebt."

Die Affäre um die vermeintliche Kunsthalle Berlin mit ihren Verquickungen von privaten und öffentlichen Interessen und Finanzen wird sich wohl nicht so einfach aussitzen lassen. Nicht nur legt Niklas Maak in der FAZ nach. Anfang letzter Woche ging ein Offener Brief mit mehreren hundert Unterzeichnern an die Politik: "Es geht um Steuergelder, öffentliches Eigentum und den politischen Auftrag. Ist eine Vergabe landeseigener Immobilien durch einen scheidenden Regierenden Bürgermeister nach Gutsherrenart, abgesegnet von einer in Verantwortung und Auftrag der Berliner Stadtregierung eingesetzten Projekt-GmbH, überhaupt legal? Wie kann es sein, dass das Geschäftsgebaren von Smerlings Verein mit Berliner Steuergeldern durch die Senatsverwaltung ohne öffentliche Diskussion und Prüfung finanziert wird? Wird in der Stadt Berlin nicht mindestens der Gleichheitsgrundsatz gebrochen, wenn an anderer Stelle die temporäre Vergabe von Ateliers verweigert wird, aber hier eine Fläche von 8000 m2 ohne öffentliche Diskussion und mit Übernahme von 50% der Nebenkosten ohne Prüfung in private Hand übergeht?"

Walter Smerling hat Nicola Kuhn und Birgit Rieger für den Tagesspiegel vom 18. Februar in Interview gegeben: "Wir müssen das finanzielle Risiko so gering wie möglich halten. Public-Private-Partnership ist doch gut, wenn es auf Augenhöhe geschieht. Über die Betriebskosten können wir reden. Ich biete der Tempelhof Projekt GmbH an, sie zu 100 Prozent zu übernehmen."

Von einer Podiumsdiuskussion zum Thema berichtet Birgit Rieger ebenfalls im Tagesspiegel: "Es geht darum, dass solche Dinge in Berlin immer wieder passieren: Politiker treffen Entscheidungen und beziehen die Stadtgesellschaft nicht ein. Ja, man könnte sagen, die Politik ist überfordert. Mit dieser Stadt und ihrem Erbe. Mit deren tollen, aber maroden Immobilien. Mit großen Gestaltungsaufgaben. Was wird aus dem ICC, das seit acht Jahren leer steht? Was soll aus Tempelhof werden?"

Die digitalisierten Handkataloge des Münchener Auktionshauses von Hugo Helbing sind jetzt online zugänglich. Ein Glücksfall, urteilt Susanne Schreiber im Handelsblatt: "Diese brisanten Verkäufernamen sind jetzt digital abrufbar. Nehmen wir an, eine Familie weiß, dass ihre Vorfahren bis in die 1930er-Jahre hinein ein Spitzweg-Gemälde besaßen. Sie kann jetzt unter Spitzweg im Volltext-Feld nach Katalogbeschreibungen suchen, aber auch in den Einliefererlisten den Familiennamen. [...] Besitzerwechsel sind jetzt vielfach erstmals eindeutig zu belegen. Damit haben diese digitalisierten Listen politische Relevanz für zahlreiche kommende Restitutionsverfahren."

Noch dämlicher kann man sich als westliches Museum kaum verhalten. Das Gemeinschaftsprojekt White Cube Gallery in Lusanga in der Demokratischen Republik Kongo wollte vom Virginia Museum of Fine Art die Statue eines belgischen Kolonialoffiziers ausleihen, was dieses verweigerte. Die afrikanische Galerie mit ihrem Direktor, dem Künstler Renzo Martens, ein NFT dieser Statue, um auf die Situation aufmerksam zu machen woraufhin die US-Intstitution den Afrikanern Urheberrechtsverletzung vorwirft. Daniel Bouffels erzählt die Geschichte im Guardian.

Museumsshops haben sich schon lange als geschmacksfreie Zonen des Kulturbetriebs etabliert, doch wo die Wokeness zuschlägt, hat selbst britischer Humor keine Chance, wie die Londoner Courtauld Gallery mit ihren Van Gogh-Gimmicks efrahren musste, erklärt Gina Thomas in der FAZ, "weil sie in ihrem Shop unter anderem einen Radiergummi in der Form eines Ohres, Seife 'für den gequälten Künstler, der sich an schaumigen Blasen freut' sowie einen 'emotionalen Erste-Hilfe-Kasten' mit Ratschlägen für zwanzig psychologisch schwierige Situationen führte. Das Museum sah sich veranlasst, sowohl den Radiergummi als auch die Seife aus dem Verkehr zu ziehen und betreten kundzutun, dass sie psychische Gesundheit 'äußerst ernst' nehme."

Zensur damals, heute und aus verschiedenen Richtungen beleuchtet Philip Meier in der NZZ: "Wer sich ermächtigen kann, Zensur auszuüben, der hat die Macht. Und genau darum geht es auch der heutigen Cancel-Culture. Auch sie zensuriert Kunst. Dabei gibt sie allerdings vor, nicht aus der Position der Macht, sondern der Ohnmacht zu handeln. Ihr Modus Operandi ist der Opferstatus. [...] Manchmal kommt der zensierende Bannstrahl allerdings auch von der Seite her – in diesem Fall von rechts aussen: Nationalistische Kreise setzten an der letzten Aichi-Triennale, Japans renommiertem internationalem Kunst-Event, erfolgreich ihren Willen durch."

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Dr. Stephan Zilkens | Zilkens Kunstversicherung