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Der russische Überfall auf die Ukraine lässt die meisten anderen Themen unwichtig erscheinen. Die Informationslage ist für Außenstehende unübersichtlich, die sozialen Medien sind voll von Fake und manipulierten Bildern. Das Art Newspaper hat eine Liste von Accounts verifizierter Fotojournalisten zusammengestellt.
Einige direkte Auswirkungen auf den Kunstmarkt lassen sich jetzt schon ausmachen. Die Moskauer Kunstmesse Cosmoscow im September dürfte kaum auf ausländische Galerien hoffen können, die Viennacontemporary mit ihrem russischen Eigentümer wird sich positionieren und Walter Smerling sich nach neuen Gönnern und Schirmherren umsehen müssen.
Eine Übersicht, wie Menschen mit oder ohne Angehörige in der Ukraine helfen können, hat Nico Ernst für heise online zusammengestellt. Der Artikel steht unter der Creative Commons-Lizenz und kann von allen Online-Publikationen auf Deutsch und Englisch republiziert werden.
Das UNO-Flüchtlingshilfswerk ist bereits vor Ort und kann über diesen Link unterstützt werden. Seit Sonntag pausieren alle UN-Hilfsorganisationen laut BBC ihre Aktivitäten im Land. Eine gemeinsame Spendenaktion haben UNICEF, Rotes Kreuz, Caritas und Diakonie organisiert. Die stern-Stiftung verspricht, dass die Redakteure des Magazins die korrekte Verwendung der Spenden vor Ort überprüfen. Die Aktion Deutschland Hilft ist ein Bündnis von elf Organisationen und kooperiert mit der ARD.
Die Kunstszene versucht derweil, mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln Protest zu üben. Wie ukrainische Museumsmitarbeiter versuchen, ihre Bestände vor Kriegsschäden zu schützen, beschreibt Sophia Kishkovsky im Art Newspaper. Die beiden großen pivaten Kunstszentren in Moskau, Garage und V-A-C, haben aus Protest gegen den von Putin angezettelten Krieg ihre Ausstellungstätigkeit bis auf weiteres eingestellt, meldet Sarah Douglas bei Artnews. In Offenen Briefen haben die Künstler Emmanuel Bornstein (Berlin) und Vladimir Potapov (Moskau) ihre gemeinsame Ausstellung in Krasnojarsk abgesagt. Der russische Pavillon auf der Biennale in Venedig wird nicht stattfinden, weil sich Künstler und Kurator verweigern, meldet Monopol.
In einem etwas sensationsheischenden Kommentar insinuiert Ursula Scheer in der FAZ (Paywall), Putin und seine Kumpane könnten mithilfe des Kunstmarkts die Sanktionen des Westens umgehen: "Auf dem Kunstmarkt können sie ihnen entkommen. Wie, das zeigt das Beispiel des Rotenberg-Clans." Zur Begründung werden durch die Panama Papers aufgedeckte Geschäfte der schon damals mit Sanktionen belegten Rotenbergs angeführt. Das klingt eher nach den Boulevard-Titeln der Funke Mediengruppe als nach FAZ.
Übertriebenes Taktgefühl kann man der Art Basel nicht vorwerfen. Nur wenige Stunden nach dem russischen Überfall auf die Ukraine gibt sie in einer Pressemitteilung die Teilnehmerliste (PDF) ihrer Basel-Ausgabe im Juni bekannt. Das kann nicht nur taktlos wirken, es ist auch nicht gerade angetan, an diesem Tag besonders große Beachtung zu finden.
Dass eine Kunstmesse mehr sein kann als eine reine Verkaufsveranstaltung, betont Uta M. Reindl bei ihrem Rundgang über die Arco in Madrid für die NZZ: "Neben dem seit den ersten Dekaden jeweils hochkarätig besetzten Begleitprogramm mit Vorträgen und Talks parallel zu den Verkaufsausstellungen spiegeln in ganz Madrid Sonderschauen in (fast) allen Kunsthäusern der Stadt den Anlass. Daher ist die Madrider Messe bis heute immer noch mehr als nur ein kommerzieller Event." Die FAZ hat ihren Spanien-Korrespondenten aus dem Politik-Ressort mit der Arco betraut und erhält eine entsprechend wenig fachkundige Nacherzählung. Substanzieller berichtet Kabir Jhala im Art Newspaper.
Ich war für Handelsblatt und Artmagazine vor Ort.
Die südafrikanische Schwester der Mailänder Miart sei ein großartiger Erfolg gewesen, schreibt Daghild Bartels im Handelsblatt: "Die Kapstädter Kunstmesse, die Investec Cape Town Art Fair, hat sich endgültig als wichtigster Hub für afrikanische Gegenwartskunst etabliert. Die 9., am [vor]vergangenen Sonntag zu Ende gegangene Ausgabe profitierte insbesondere von der allgemeinen Freude bei Galeristen und Sammlerinnen, dass die Leistungsschau nach langer Zitterpartie überhaupt stattfinden konnte. Die neue Euphorie nach der Zwangspause 2021 schlug sich auch im Geschäftlichen nieder: Sammler kauften geradezu enthusiastisch. Zwar gab es einige Absagen europäischer Galerien, doch zwei Galerien aus Deutschland, Eigen + Art aus Berlin und Leipzig), und Artco aus Aachen und Berlin blieben der Messe treu. Teilnehmer aus Italien, Frankreich und Belgien sowie aus Tunesien, Marokko und Ägypten sorgten für Internationalität."
Kurz vor dem anberaumten Termin hat Sotheby's eine Auktion von 104 CryptoPunks abgesagt. Barbara Kutscher und Susanne Schreiber rätseln im Handelsblatt über die Gründe: "Mike Hager, NFT-Experte, Buchautor und Coach, äußert dem Handelsblatt gegenüber zwei Vermutungen. 'Eine allgemeine Börsenregel besagt, bei Kanonendonner zu kaufen, nicht zu verkaufen', überlegt Hager. Fast zeitgleich mit Auktionsbeginn seien russische Soldaten in die Ukraine einmarschiert. 'Es könnte aber auch sein, dass der Verkäufer einen Wissensvorsprung hat,' mutmaßt der Experte. 'Möglicherweise weiß er von einem Umstand, der ihn erwarten lässt, dass er in Zukunft wesentlich mehr an den CryptoPunks verdienen könnte'."
Der sogenannte Mittelmarkt könnte vor einer neuen Blüte stehen, mutmaßt Melanie Gerlis im Art Newspaper: "Und doch hat der Mittelmarkt in letzter Zeit für einige überraschende Schlagzeilen gesorgt. Im Dezember kaufte das Bewertungs- und Beratungsunternehmen Gurr Johns das britische Forum Auctions, und im vergangenen Monat übernahm Bonhams das in Stockholm ansässige Bukowskis. Die Milliarden-Dollar-Frage lautet: Was ist der Mittelmarkt? Ben Clark, der Chef von Gurr Johns, definiert ihn als den Markt 'unter £100.000', während Bruno Vinciguerra, der Geschäftsführer von Bonhams, von einem breiteren Bereich 'zwischen £2.000 und £1 Million' spricht. Manche nennen ihn den 'Kernmarkt', andere den 'Collectibles-Markt'. Ich würde es den 'Gönn-Dir-Was-Markt' nennen.'"
Ein Boom sei beim Handel mit DDR-Design in nächster Zeit nicht zu erwarten, glaubt Jens Müller im Tagesspiegel vom 26. Februar: "Das Interesse am Midcentury-Design hatte immer schon viel mit der Sehnsucht nach einem dieser Epoche zugeschriebenen Glamour zu tun. Mit sozialistischer Mangelwirtschaft ist der schlechterdings nicht auf einen Nenner zu bringen. Es darf deshalb bezweifelt werden, dass im Fahrwasser der Ausstellung 'Deutsches Design 1949–89' das große Geschäft mit DDR-Design bevorsteht. [Der Berliner Design-Galerist Hans-Peter] Jochum hat den Handel damit schon vor Jahren wieder aufgegeben."
Einen gerade wegen seiner Ausführlichkeit so erhellenden wie verstörenden Einblick in das Innenleben Larry Gagosians gibt Robert Armstrong in der Financial Times.