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Stephan Zilkens
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Liebe Leser,
auch diesen Montag erscheint Kobel's Kunstwoche frisch und munter mit einer Fülle kommentierter Nachrichten zum Kunstmarkt.
Wir müssen uns leider mit einem Risiko beschäftigen, dass Millionen von Europäern seit Jahrzehnten nur noch aus den Nachrichten kennen, weil die direkte Erfahrung, je nach eigenem Alter bis zu den Ur-Ur-Urgroßeltern zurückreicht - also im kollektiven Gedächtnis nicht mehr existiert. Diejenigen, die noch Transportversicherung gelernt haben wussten, dass man das Kriegrisiko unter bestimmten Bedingungen auf See- und Lufttransporten einschließen kann. Auch Krieg an Land ließ sich versichern, wenn in einem hohen Maße davon ausgegangen werden konnte, dass die Wegstrecke von Minen und Bomben geräumt war. Immer gilt für die Versicherer ein Sonderkündigungsrecht von 2 Tagen, dass sich auf die Transporte bezieht, die zum Zeitpunkt der Kündigung noch nicht begonnen haben. Die Deutschen Transportversicherungsbedingungen sprechen von Krieg und Kriegswerkzeugen und meinen den direkten Schaden, der durch diese Ereignisse ausgelöst wird. Es gibt allerdings auch Klauseln, die formulieren den Ausschluss des Risikos durch alle dirketen und indirekten Auswirkungen auf ein Schadenereignis. In der Konsequenz deuten das findige Anwälte dann so: Es brennt in Ichwillnichtzahlendorf in z.B. Deutschland, die freiwillige Feuerwehr besteht zu 90% aus Ukrainern, die in ihr Heimatland gefahren sind, um dort auch unsere Freiheit zu verteidigen. Konsequenz: das Haus brennt ab, der Versicherer zahlt nicht, weil der indirekte Einfluss des Krieges argumentiert wird. Dass ein Kurzschluss den Schaden ausgelöst hat interessiert dann nicht mehr. Auch in der Lebensversicherung gilt Krieg als nicht versicherbares Ereignis. Von indirekten Ereignissen sieht man wohl ab, aus gutem Grund, denn besser lässt sich der Ruf der Versicherungswirtschaft nicht ruinieren als durch den Ausschluss indirekter Einflüsse von irgendetwas. Indirekt lässt sich Vieles herleiten und gibt daher guten Anlass, dem Kunden eher mal einen Schaden abzulehnen, um am Ende weniger zahlen zu müssen. Die Versicherungswirtschaft fürchtet im Umfeld des Krieges in der Ukraine in einigen Sparten Schäden zahlen zu müssen. Sie sollte sich aber sehr genau überlegen, wie weit sie sich von Anwälten treiben lässt, die ihr den Spielraum von "indirekt" definieren.
An dieser Stelle zeigt sich auch ein zweites Misverständnis, dass die Politik im Gewand der Compliance Regeln oder des Governance Kodex aus Unverständnis der Sachlage produziert hat. Die absolute Trennung von Vertrieb, Betrieb und Schaden führt zu Verselbstständigungen, die der Branche nicht guttun. Schaden ist die Realisierung des Produktes. Betrieb entwickelt die Produkte und formuliert die Bedingungen. Im Schadenfall gilt allerdings dann eine strikte Trennung zwischen den beiden Bereichen. Und Schaden greift gern auf Anwälte und Sachverständige zurück, weil man etwas für die Akte braucht, das gilt insbesondere dann, wenn es sich um Sachverhalte handelt, die bisher nicht durch Prozesse gerichtlich klarer gestellt sind oder um Themen, von denen nur Wenige wirklich Ahnung haben - Kunst zum Beispiel.
Cyberdiebstähle und - schäden sollen sich in diesem Jahr allein im Kunstsektor auf 1,3 Milliarden USD belaufen. Das entspricht in etwa dem weltweiten Prämienvolumen für Kunstversicherungen überhaupt. Und diese Schäden sind nicht versichert, weil die Kunstversicherer sich mit den Schadenereignissen zu Recht überfordert fühlen und die Cyberversicherer den Markt für sich zum eigenen Glück noch nicht entdeckt haben. Allerdings hat die Kunstwelt selbst nur ein sehr gering ausgeprägtes Risikobewußtsein: Vor fünf Jahren haben wir schon versucht Problembewußtsein in der Branche zu schaffen - aber was soll einem schon passieren, wenn die Daten in der Cloud sind? Auf dem nächsten Praxistag des Bundesverbandes Deutscher Galerien am 26. September in Köln gibt es dann dazu was zu hören.
Frankreich nutzt seine kulturellen Stärken auch, um wirtschaftliche Zusammenarbeit zu fördern - so kam z.B. der Louvre nach Abu Dhabi. Auch der ehemalige Direktor des Louvre, Jean-Luc Martinez, scheint davon persönlich profitiert zu haben. Die Strafverfolgungsbehörden interessieren sich jetzt sehr für ihn liest man u.a. bei Artnet.
Die Art Basel Hong Kong fand statt und 50% der Stände waren ohne Personal vor Ort. Ist das das Messekonzept der Zukunft? Oder funktioniert so etwas nur in totalitären Staaten, die auch auf die Interpretation von Kunstwerken Einfluss nehmen, wenn sie denn überhaupt gezeigt werden dürfen.
Nach dem Theater in Mariupol hat Russland jetzt auch die Kulturhalle von Charkiw bombardiert. Sicher wieder so ein Waffenlager, dass den russischen Vormarsch behindert. Und am Horizont taucht wieder das Bild vom hässlichen Deutschen auf, diesmal verkörpert von einem kleinen Sozialdemokraten, den die Bürde seines Amtes noch weiter zu Boden drückt und der vor lauter Respekt (Angst wäre vielleicht das ehrlichere Wort und erklärte den schlechten Ratgeber) vor den russischen Atomwaffen lieber zusieht, wie der Osten der Ukraine von der Boa Constrictor zerdrückt wird, als die Waffen ausliefern zu lassen, über die der Bundestag entschieden hat. Um das Klar zu stellen: Auch ich will keinen Krieg - aber die Chance, dass Freiheit und Gerechtigkeit eines freien Landes verteidigt werden können und am Ende der Agressor vor einem ordentlichen Gericht zur Verantwortung gezogen wird.
Ich wünsche Allen eine erfolgreiche Woche in der Kunst nicht zu kurz kommt
Ihr Stephan Zilkens und das Team der Zilkens Fine Art Insurance Broker GmbH in Solothurn und Köln