Kobels
Kunstwoche
Kommentierte Presseschau zum
Kunstmarkt
von Stefan Kobel. Jede Woche neu.
Kommentierte Presseschau zum Kunstmarkt von Stefan Kobel. Jede Woche neu. Newsletter abonnieren
Optionale Cookies erlauben?
Neben technisch notwendigen Cookies möchten wir Analyse-Cookies nutzen, um unsere Zielgruppe besser zu verstehen. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung. Sie können Ihre Zustimmung jederzeit widerrufen.
Kommentierte Presseschau zum
Kunstmarkt
von Stefan Kobel. Jede Woche neu.
Kommentierte Presseschau zum Kunstmarkt von Stefan Kobel. Jede Woche neu. Newsletter abonnieren
2024 werde voraussichtlich das schlechteste Geschäftsjahr seit Gründung seiner Firma gewesen sein, erklärte Rüdiger K. Weng auf der Hauptversammlung der Weng Fine Art AG Mitte Dezember in Düsseldorf, die Gereon Kruse für Boersengefluester und ich für das Handelsblatt besucht haben. Doch für 2025 sehe er Licht am Horizont. Unser dreiteiliger Rückblick auf die Kunstmarktberichterstattung des abgelaufenen Jahres zeigt entsprechend viel Schatten, aber auch einiges an Erfreulichem.
Wie kleinere und mittelgroße Galerien mit der aktuellen Marktschwäche umgehen, hat Devorah Lauter für Artnews Mitte Juli untersucht: „Für diese kleineren und mittelgroßen Galerien macht die Konjunkturabschwächung die Kalkulation von Messen jedoch schwieriger, vor allem, wenn man die Gemeinkosten für eine Messe berücksichtigt. Wie mehrere Händler gegenüber ARTnews erklärten, sind die Kosten für den Versand, die Einrahmung, die Lagerung und andere Gemeinkosten drastisch gestiegen, wobei [Galeristin Monique] Meloche davon ausgeht, dass diese Kosten 'mindestens 50 Prozent höher' sind als vor dem Covid. Diese Kosten machen sich auch bei den Sammlern bemerkbar, die sich laut Meloche aufgrund der höheren Kosten weiterhin für Gemälde entscheiden.“
Die Begeisterung der Kunstwelt für die Modeindustrie versucht Rosalind Jana bei ArtReview zu erklären: „Auch in der Kunstwelt wird einiges verschleiert: Investitionen und Spekulationen sowie der rasante finanzielle Erfolg einer Reihe von ultra-zeitgenössischen Künstlern, der mit der vermeintlichen Erhabenheit der Form begründet wird. Im Moment scheint dies zu einer Menge abstrakter Gemälde zu führen (oder schlimmer noch, zu etwas, das in jedem Begleittext als „Abstraktion trifft Figuration“ beschrieben wird), und vielleicht zu einem quälenden Gefühl, das mit der Modewelt geteilt wird, von existenzieller Langeweile darüber, wofür das alles gut sein soll - wo man den Spaß und die Provokation findet, jenseits von Geldverdienen und auf den richtigen Partys gesehen zu werden. In ihren Ängsten, aber auch in ihrer gegenseitigen Bewunderung und ihren Bedürfnissen sind Mode und Kunst vielleicht Verbündete, die sich nicht die Hände reichen, sondern sich im Dunkeln aneinander klammern.“
Keine guten Aussichten für den Kunstmarkt: Bei den Luxus-Konzernen brechen Umsätze und Gewinne ein, meldet Der Aktionär: „Nachdem zuletzt LVMH mit seinen Zahlen enttäuscht hat, sorgt nun auch Konkurrent Kering für lange Gesichter. Wegen der Konsumflaute und Sanierungsbemühungen bei seiner wichtigsten Marke Gucci rechnet der Konzern mit einem weiteren signifikanten Gewinneinbruch. Die Kering-Aktie verliert deutlich und zieht auch LVMH und Hugo Boss mit nach unten.“ Währenddessen eröffnet Sotheby's sein erstes Ladengeschäft in Hongkong, meldet die staatseigene South China Morning Post.
Der Münchener Galerie Thomas droht die Insolvenz, melde ich fürs Handelsblatt. Der Bayerische Rundfunk hat eine bis in einzelne Formulierungen erstaunlich ähnliche Nachricht.
Von gleich drei Führungskräften trennt sich die Pace Gallery, meldet George Nelson bei Artnews: „Gary Waterston hat die Galerie verlassen, nur sechs Monate nachdem er für die neu geschaffene Position des Executive Vice President of Global Sales and Operations eingestellt worden war. Sarah Levine, Senior Director, Curatorial and Artist Management bei Pace, und Mark Beasley, Curatorial Director, haben das Unternehmen ebenfalls verlassen.“ Die Entlassung von zehn Personen des Online-Teams bei David Zwirner meldet Angelica Villa bei Artnews.
Die Ankündigung einer Serie über den Betrüger Inigo Philbrick lässt Riah Pryor im Art Newspaper darüber nachdeneken, wie es sich verhindern ließe, dass Kunstkriminelle aus ihren Vergehen Kapital schlagen: „In einer Welt, in der ein Ex-Präsident in den USA nach einer strafrechtlichen Verurteilung zur Wiederwahl antreten kann und Kunstbetrug zu einer erfolgreichen Netflix-Serie führen kann, wo sind die Grenzen zwischen Verbrechen und Entschädigung - und wer überwacht sie?“
Über den Stand des Insolvenzverfahrens der Münchener Galerie Thomas und Optionen für Gläubiger berichte ich im Handelsblatt.
Ob und wie sich das Platzen der aktuellen Spekulationsblase von vorhergehenden unterscheidet, untersuchen Zachary Small und Julia Halperin Ende August in der New York Times: „Der Kunstmarkt hat in den letzten Jahren einen Abschwung erlebt, aber der Einbruch war für junge Künstler besonders akut. Zu Beginn setzte ein Spekulationsboom ein, der von einem falschen Glauben an schnelle Renditen angetrieben wurde. 2021 gaben Sammler 712 Millionen Dollar bei Auktionen für Werke von Künstlern aus, die nach 1974 geboren wurden - ein gewaltiger Sprung gegenüber den 259 Millionen Dollar, die Käufer nur ein Jahr zuvor ausgegeben hatten. Doch von 2021 bis 2023 fielen die Preise für diese Künstler - 'ultra-contemporary' ist der Fachbegriff für sie - laut der Artnet Price Database um fast ein Drittel.“ Und wie immer scheint man selten oder nie aus den Fehlern Anderer zu lernen, sondern bestenfalls aus den eigenen. Aber immerhin: „[Amani] Lewis und andere Künstler sagen, dass die Erfahrung, den Spießrutenlauf durch den Markt zu meistern, sie stärker gemacht hat. [Isshaq] Ismail zum Beispiel verkauft seine Werke jetzt ausschließlich über Galerien.“
In Frankfurts Galerienszene tut sich etwas, beobachtet Christoph Schütte Anfang September für die FAZ: „2022 löste sich die Interessengemeinschaft der Galerien (IG) nach fast 40 Jahren kurz entschlossen auf. Die Ursachen dafür war weniger Konflikte zwischen den Platzhirschen und den neuen Wilden oder Differenzen in Bezug auf die Abgrenzung von nicht organisierten Kollegen oder den einst in Frankfurt so zahlreichen freien Räumen. Vor allem wollte, nachdem Anita Beckers, Heike Strelow und Jacky Strenz nicht mehr kandidierten, niemand aus den etablierten Galeristen mehr den sprichwörtlichen Hut aufhaben – also die IG gleichsam ohne ein Budget vertreten und den Saisonstart organisatorisch begleiten. Wenn am kommenden Wochenende nun mehr als 50 Galerien und Off-Spaces zum 30. Saisonstart bitten, dann, scheint es, hat sich einiges getan. Das inzwischen von einer Agentur begleitete Ereignis heißt flott 'The Frankfurt Art Experience', es gibt 'Walks' genannte Rundgänge auf Deutsch und Englisch und weiteres Programm.“ Vom Münchener Galeriemarathon berichtet Sabine Spindler im Handelsblatt vorab: „Jahn und Jahn sowie Lohaus Sominsky sind Teil der Initiative Various Others (VO). Die entwickelt seit 2018 im Münchener Kunstmarathon kooperative Konzepte mit Galerien anderer Städte und sorgt so für frischen Wind. 'Wir verstehen uns aber nicht als Konkurrenz zur Open Art Munich, der anderen Initiative Münchener Galerien und langjährigen Organisatorin des Galerienwochenendes', sagte VO-Direktor Christian Ganzenberg. Zu welchem Kreis eine Galerie gehört, ist für den Kunstflaneur zweitrangig. Nur sollte man beide Programme beachten.“ Mit den Macherinnen des wiederauferstandenen Galeriewochenendes in Brüssel habe ich für Artmagazine gesprochen.
Den Geschäftsbericht von Artnet (PDF) habe ich für das Handelsblatt gelesen.
Über die systematischen Zerstörungen ukrainischen Kulturguts durch Russland informiert Polskie Radio (englisch): „Nach Angaben des ukrainischen Ministeriums für Kultur und Informationspolitik wurden bis August 2024 1.096 Kulturstätten und 2.024 kulturelle Einrichtungen zerstört. Es gibt auch Fälle, in denen bereits beschädigte Einrichtungen erneut getroffen werden.“ Hallo, Frau Zarenknecht!
Der Berliner Kunstherbst hat seit einiger Zeit einen Namen, unter dem das heterogene Programm stattfindet, das Christian Herchenröder im Handelsblatt vorstellt: „Die 13. 'Berlin Art Week' wirbt mit über 300 Veranstaltungen. Sie war immer schon ein Sammelbecken von Ausstellungen, Galerie-Vernissagen und Kunstaktionen, jetzt hat sie eine kaum noch überschaubare Dimension gewonnen. Alle hängen sich an, von Artist Talks und Performances über Ausstellungseröffnungen und Gastauftritte internationaler Galerien reicht das Programm, das in einer Galerienacht am 13. September 2024 seinen Höhepunkt finden soll. Die rund fünfzig Kerngalerien, die hier ihr Herbstprogramm bestreiten, sind immer noch die wichtigsten Aushängeschilder dieses verlängerten Kunstwochenendes vom 11. bis 15. September.“
Mit Office Baroque scheitert eine weitere prominente Avantgarde-Galerie an den Klippen des Spätkapitalismus. Auf ihrer Webseite schreibt die Galerie: „Im Jahr 2016 schien sich eine Eiszeit in der Kunstwelt auszubreiten, da sich der Markt zunehmend zwischen aufstrebender und Blue-Chip-Kunst polarisierte. Viele Menschen, die in den Bereichen dazwischen tätig waren, wurden vom sogenannten Mid-Level-Squeeze getroffen. Die Umrisse des aktuellen Ökosystems waren schon lange vorher erkennbar, aber zu dieser Zeit schien sich die Lage unumkehrbar zu verschlechtern. Mangelnde Unterstützung und Regulierung auf allen Ebenen der Kunstwelt führten und führen bis heute dazu, dass aufstrebende und etablierte Künstler und Galerien immer stärker gefährdet sind. Langfristige (gemeinsame) Ziele scheinen vom Radar verschwunden zu sein. Von einer Megagalerie unter Vertrag genommen zu werden, ist für Künstler, Galeristen und sogar Galeristen zum neuen heiligen Gral der Karriere geworden. Im Herzen des Systems geht die Aufnahme in fast alle Segmente der Kunstwelt sowohl für Galerien als auch für Künstler weiterhin mit schwerem Machtmissbrauch einher. Eine Patentlösung für viele Galerien besteht nach wie vor darin, zu expandieren, in der Hoffnung, das Wachstum der Galerie mit einem Aufschwung in den Karrieren der vertretenen Künstler zu verbinden, oft bis zum Verlust.“ Dazu passt eine Meldung von Alex Greenberger bei Artnews: „David Lewis, ein New Yorker Kunsthändler, der kürzlich seine Galerie in der Stadt geschlossen hat, ist zu Hauser & Wirth gewechselt, wo er nun als Senior Director tätig sein wird.“
Hauser & Wirth bekommt mit der langjährigen Mitarbeiterin Mirella Roma (seit 2020 Partner) einen neuen CEO, meldet Daniel Cassady bei Artnews: „Roma tritt die Nachfolge von Ewan Venters an, der 2021 als CEO in die Galerie eingetreten ist. Venters wird bis Januar 2025 oder bis zur Ernennung eines Nachfolgers Geschäftsführer von Artfarm bleiben, der unabhängigen Hotelgruppe, die 2014 von den Mitbegründern der Galerie, Iwan und Manuela Wirth, ins Leben gerufen wurde.“
Wenigstens diesmal hat nicht Deutschland die Rote Laterne, sondern Österreich. Aus der Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Kunst wird dort wohl nichts mehr, auch wenn Eva Komarek bei Parnass noch leise im Wald pfeift: „Eine Änderung noch bis Ende Dezember 2024, bevor die Brüsseler Direktive und der geringere Steuersatz in Deutschland in Kraft treten, erscheint unwahrscheinlich. Österreich hat derzeit zwei reduzierte Umsatzsteuersätze: zehn Prozent und 13 Prozent. Da die Direktive aus Brüssel abgesehen von der Deckung von Grundbedürfnissen nur zwei ermäßigte Umsatzsteuersätze erlaubt, müsste eine dieser beiden aufgegeben werden und stattdessen die sieben Prozent neu eingeführt werden. Innerhalb der österreichischen Politik gibt es unterschiedliche Ansichten zur Notwendigkeit einer Steuersenkung. Zumindest bis zu einer neuen Regierungsbildung nach der Nationalratswahl wird Österreich mit einer steuerlichen Benachteiligung am Kunstmarkt wohl leben müssen. Denn vor der Wahl wird nichts passieren und so ein Nischenthema ist für den Wahlkampf zu uninteressant, um es mitzunehmen. Bleibt zu hoffen, dass die neue Regierung dann Verständnis für die Bedeutung des Kunstmarktplatzes Österreich zeigt.“ Denn wenn ein möglicher Kanzler Dollfuß Kunst allgemein und nicht nur die patriotische überhaupt auf seiner Agenda haben sollte, dürfte das eher Anlass zur Sorge sein.
Was Kunsthändler bei der Einfuhr beachten müssen, erklärt der Berliner Anwalt Zacharias Mawick im Weltkunst Insider (noch mit kostenloser Anmeldung) : „Es reicht heute nicht mehr aus, nur die eigenen Kulturgutgesetze zu kennen, wenn das persönliche Geschäfts- oder Sammelgebiet über die Grenzen des eigenen Landes hinausgeht. Sollen Kunstwerke oder Antiquitäten von bestimmtem Wert und Alter ein- oder ausgeführt werden, spielt zunehmend die legale Ausfuhr aus dem Ursprungsland – schlimmstenfalls aller potenzieller Ursprungsländer – eine Rolle. [...] Welche Maßnahmen sollte man ergreifen, um Kulturgüter in Zukunft weiterhin handelbar zu halten? Wie verhindert man schon im Vorfeld Probleme mit den zuständigen Behörden? Wir werden sehen, dass ein zentrales Hilfsmittel die gründliche Verwahrung und Pflege von Ein- und Ausfuhrpapieren sowie von jeglichen Provenienznachweisen ist, da diese in sämtlichen kulturgutbezogenen Verfahren eine immer wichtigere Rolle einnehmen.“
In die endlos scheinende Diskussion um eine gangbare Regelung zum Umgang mit Raubkunst ist Bewegung gekommen. Christiane Fricke fasst im Handelsblatt zusammen: „Am 9. Oktober 2024 haben sich Bund, Länder und Kommunen in einem sogenannten Verwaltungsabkommen auf die Einrichtung einer Schiedsgerichtsbarkeit für NS-Raubkunst verständigt. Die neue 'Schiedsgericht NS-Raubkunst' genannte Konstruktion soll – anders als ihre Vorgängerin, die 'Beratende Kommission' – einseitig, also auch von nur einer Partei angerufen werden und rechtsverbindliche Entscheidungen treffen. Damit erhalten Erben beraubter jüdischer Sammler erstmals in Deutschland einen echten Rechtsanspruch auf Kulturgut in öffentlichem Besitz, das ihnen verfolgungsbedingt abhandenkam. […] Der Schiedsspruch, mit dem ein Verfahren endet, kommt denn auch einem staatlichen Gerichtsurteil gleich. Allerdings schließt er ein weiteres Verfahren, etwa vor staatlichen Gerichten, aus. Nur wenn schwerste Fehler gemacht wurden, kann der Schiedsspruch durch das zuständige Oberlandesgericht auf Antrag überprüft werden.“
Wie Museen in Zeiten leerer Kassen und hoher Preise Neuerwerbungen bewerkstelligen, erkundet Ted Loos ausführlich in der New York Times: „Einige Museen erwägen, die Kosten für ein Kunstwerk mit anderen Museen zu teilen und es gemeinsam zu besitzen. Dies ist Teil einer wachsenden Diskussion darüber, ob das alleinige Eigentum wirklich das Endziel sein muss.“
Yves Bouvier, ehemaliger König der Zollfreilager, schulde der Schweiz 712 Millionen Franken an Steuern, meldet Fedele Mendicino in der Tribune de Geneve. Im Art Newspaper nehmen Kabir Jhala und Vincent Noce die Geschichte auf.
Mangelnde Lernfähigkeit wird vielen Galerien in einem Beitrag von Barbara Kutscher Anfang November für das Handelsblatt vorgeworfen: „Auch die Großgalerien verzeichneten nach dem Kaufrausch während der Pandemie einen Umsatzeinbruch. Marc Glimcher, Präsident und CEO der international aufgestellten Pace Gallery, bezifferte den Rückgang im Sommer auf Christie’s 'Art+Tech Summit' in New York auf 20 bis 30 Prozent, und dabei sei das Vorjahr auch schon nicht so gut gelaufen. Die Lösung? Für Jeff Poe, Mitgründer der kalifornischen Galerie Blum & Poe, aus der er sich im vergangenen Jahr zurückzog, ist sie klar: den Gürtel enger schnallen. Die meisten Galerien seien zur allgemeinen Überraschung während der Pandemie immens erfolgreich gewesen. Aber nur, weil die Ausgaben wegfielen, so der ehemalige Händler im 'Baer Faxt'-Podcast. 'Galerien haben nichts aus der Pandemie gelernt. Sie kehrten gleich zu ihren alten Gewohnheiten zurück.'“
Dem in der Theorie bürokratischen Monster Kulturgutschutzgesetz drohe eine praktische Verschärfung, die den Kunsthandel in Deutschland zum Erliegen bringen könnte, warnt Christiane Fricke im Handelsblatt: „Bleibt das Problem mit der dem Kunsthandel oktroyierten Beweislastumkehr. Lässt sich nicht klären, ob das Kulturgut nach [recte: vor] dem 26.4.2007 verbracht worden ist, wird vermutet, dass es danach ausgeführt wurde und dass ein Rückgabeanspruch besteht. Die Behörden können das Kulturgut sicherstellen. Ein solches Vorgehen nur auf Basis einer Vermutung würde jedoch rechtsstaatlichen Grundsätzen widersprechen.“
Gute Einstiegsmöglichkeiten angesichts sinkender Preise auf dem Sekundärmarkt sieht das Bank of America Art Market Update, da Kunst und Collectibles langfristig als Anlageklasse wichtiger würden: „Laut der 'Bank of America Private Bank Study of Wealthy Americans' aus dem Jahr 2024 betrachten 56 % der Sammler ihre Kunst heute als Teil ihrer Vermögensverwaltungsstrategie, darunter 98 % der jüngeren Sammler (Millennials und Generation Z), die Kunst in höherem Maße als je zuvor in ihre wohltätigen Spenden (52 %), ihre Steuerplanung (48 %) und ihre Liquiditätsstrategie (28 %) integrieren.“ Zusammenfassungen der Ergebnisse des (ohnehin nicht besonders umfangreichen) Reports bieten Maxwell Rabb bei Artsy und George Nelson bei Artnews.
Der Markt für Luxusgüter soll einer Untersuchung von Bain Capital und Altagamma zufolge in diesem Jahr stagnieren: „Die weltweiten Luxusausgaben werden im Jahr 2024 voraussichtlich fast 1,5 Billionen Euro erreichen und im Vergleich zu 2023 relativ unverändert bleiben, mit einer geschätzten Wachstumsrate zwischen -1 und 1 % im Vergleich zum Vorjahr.“
Art Lending boome hingegen, glaubt George Nelson bei Artnews.
Bange Fragen nach der Zukunft des Kunstsammelns und der klassischen Programmgalerie stellt sich Christiane Fricke beim Gang durch Kölner Galerien im Handelsblatt: „Galerien mit beständiger Adresse, die mit langem Atem ihre Künstlerinnen und Künstler aufbauen, werden immer weniger. Denn die alte Sammlergarde, die ihre Künstler über längere Zeiträume beobachtet und begleitet, gibt es kaum noch, beobachten die Kölner Galeristen Sylvia und Thomas Rehbein. Eine junge Generation, deren Sammelleidenschaft zukünftig auch für Museen interessant würde, wachse nicht nach beziehungsweise sammele 'wie Kraut und Rüben'. […] Was anstelle der traditionellen Programmgalerie kommen soll, ist noch nicht abzusehen. Denn bei den zahlreichen Off-Spaces, die in Köln – ohne festen Künstlerstamm – auf den Plan getreten sind, ist die Frage, ob sie überleben.“
Zu den Hintergründen der Hauptversammlungsabsage von Artnet schreibe ich im Handelsblatt. Marion Maneker schreibt bei Puck (Paywall) zu den Querelen um das Unternehmen: „Dennoch bleibt der Aktienkurs auf einem Neunmonatshoch, was keine guten Nachrichten für die Neuendorfs sind, die zuvor passive Investoren angeworben hatten, um die Aktien des Unternehmens zu niedrigen Preisen zu kaufen und mit ihrem zu stimmen. Wenn sich die Aktie nach den düsteren Finanzzahlen nicht bewegt, bedeutet dies, dass die Aktionäre bleiben. Sie haben das Unternehmen nicht aufgegeben, aber sie haben die Neuendorfs vielleicht aufgegeben.“
Den aktuellen chinesischen Markt versucht Leo Xu, ehemaliger Direktor von David Zwirner Hongkong, bei Artnet zu erklären: „Es gibt auch eine Abkehr von jungen Künstlern, die den Markt in den letzten Jahren dominiert haben. Viele dieser Werke haben eine exotische Qualität oder sind eng mit persönlichen, intimen Erzählungen verbunden, aber es fehlt ihnen oft an kritischer Reflexion über die heutige Gesellschaft und die Menschheit. Es fühlt sich ähnlich an wie bei Trendthemen in den sozialen Medien. Dies ist ein globales Problem, aber es hat in Asien ein enormes Ausmaß an Konsum angenommen, das wiederum die westlichen Märkte erfasst hat. Meiner Erfahrung nach ist der westliche Kunstmarkt in verschiedene Ebenen unterteilt, wobei Sammler unterschiedlichen Alters und mit unterschiedlichem Hintergrund ihre eigenen Vorlieben haben. Im Gegensatz dazu ist der asiatische Markt relativ neu und wird ständig überarbeitet und neu aufgebaut. Viele Käufer wechseln häufig zwischen den Kategorien – von Antiquitäten zu zeitgenössischer chinesischer Kunst, dann zu westlichen Blue-Chip-Künstlern und schließlich zu jungen westlichen Künstlern, die zu niedrigeren Preisen zu haben sind und schnellere Renditen versprechen.“
Die Absage der für November geplanten Tochter der India Art Fair Neu Dehli in Mumbai meldet Kabir Jhala im Art Newspaper.
Die letzte Messe des Jahres ist gelesen. Mit der Art Antwerp erlaubt sich die Art Brussels in der Nachbarstadt ein Spielbein, das einen relativ neuen Typ Kunstmesse verkörpert, der nicht mehr erwartet, dass die Besucher von weit her anreisen. Julia Stellmann charakterisiert die Veranstaltung für Kunstforum: „Die Regionalität der Messe ist allen Beteiligten durchaus bewusst. Sowohl die Messeleitung als auch die Galerien berichten, dass eine Teilnahme vor allem der Kontaktpflege mit der hiesigen Sammlerszene dient. Viele Galerien passen ihr Programm dementsprechend an und stellen belgische Positionen aus. Der Fokus auf die Region mindert aber nicht die Qualität der Messe. Im Gegenteil lässt die intime Größe einen besonderen Fokus auf die eingeladenen Galerien zu“. Ich war für das Handelsblatt in Antwerpen.
Ein kurzes Resümee des endenden Jahres zieht Kabir Jhala im Art Newspaper: „Das obere Ende des Marktes schrumpfte in diesem Jahr weiter, da die Zahl der angebotenen Trophäenlose nicht mehr so hoch war wie während der Covid-19-Pandemie oder in den Jahren davor, während die Nachfrage nach hochmodernen Werken verschwand, was einige der größten Unternehmen der Branche in Schwierigkeiten brachte. Am deutlichsten wurde dies in den Auktionshäusern, wo die Umsätze zum zweiten Mal in Folge zurückgingen. Bei Sotheby's ging dies mit der Ankündigung von Massenentlassungen und Berichten über einen massiven Rückgang der Kernerträge um 88 % einher.“